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Ein Unikat in der Medienstadt

■ 5. Geburtstag: „HH 19“ hatte keine Chance, aber die BlattmacherInnen nutzten sie Von M. Carini

Eigentlich gab niemand den forschen BlattmacherInnen eine Chance: Ein achtseitiges Stadtteilmagazin, politisch linkslastig und zu 100 Prozent aus Anzeigenerlösen finanziert – das muß doch in die Pleite führen. Fünf Jahre später sind die SkeptikerInnen eines Besseren belehrt: Aus acht Seiten sind 32 geworden, die Startauflage von 6000 Exemplaren wurde mehr als vervierfacht, und die AnzeigenkundInnen schalten so reichlich Annoncen, daß das kostenlose Magazin sich längst trägt. Die Rede ist von HH19, denn hinter der früheren Postleitzahl Eimsbüttels steckt ein echtes Unikat unter Hamburgs Presseerzeugnissen.

Das HH19-Kollektiv, das am kommenden Samstag mit einem großen Fest auf dem Gelände der ehemaligen Rinderschlachthalle im Schanzenviertel sein Jubiläum feiern wird, kann dabei auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Viele der Themen, die das Blatt in seinen bislang 55 Ausgaben präsentierte, wurden bundesweit von etablierten Medien nachgedreht: Ob die mieterInnenfeindlichen Aktivitäten von Spekulanten aus dem Dunstkreis der US-Sekte Scientology, besonders eklatante Menschenrechtsverletzungen in der gängigen AsylbewerberInnen-Ablehnungspraxis, Umweltskandale oder Polizeiübergriffe – das HH19-Team brachte einiges ans Licht, was anderen Presse-Profis zunächst verborgen blieb.

Doch die Aktivitäten der Eimsbüttler BlattmacherInnen riefen auch die Gerichte auf den Plan. Am hartnäckigsten zeigte sich die Staatsanwaltschaft bei einem Artikel über ein leerstehendes Haus, der mit dem Wörtchen „Besetze...“ endete. Durch vier Instanzen mußte die Redaktion gehen, ehe sie von dem Vorwurf freigesprochen wurde, zu einer Straftat aufgefordert zu haben.

„Sein Waterloo“, so HH19-Redakteur Jörn Breiholz, erlebte das „kost'nix“-Blatt, das inzwischen selbst in Barmbek, Norderstedt und Wilhelmsburg in zahlreichen Kneipen und Läden ausliegt, bei einer von HH19 inszenierten „Wohnungs-lotterie“. Das Magazin hatte – um auf massenhafte Leerstände hinzuweisen – angekündigt, eine freie Mietwohnung zu verlosen. Die Wohnung entpuppte sich als Papphäuschen, zahlreiche Wohnungssuchende, die aus ganz Hamburg zu der Lotterie nach Eimsbüttel angereist waren, fühlten sich geprellt.

Doch das ist mittlerweile drei Jahre her, solche schrägen Scherze hat sich die Redaktion abgewöhnt. Auf dem Jubiläumsfest, daß um 15 Uhr beginnt, soll gute Laune Trumpf sein. Für einen Eintritt zwischen fünf und sieben Mark gibt es Musik und Kultur satt, aber auch jede Menge Informationen: Viele Stadtteil-Initiativen wollen sich mit Info-Ständen an einem „Markt der Möglichkeiten“ beteiligen.

Wer noch einen Stand anmelden will, kann HH19 werktags zwischen 14 und 17 Uhr unter 401401-4 erreichen. Die Standgebühr kostet 60 Mark.

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