: Kein Schiff soll mehr kommen
■ Altenwerder: Gegner der Hafenerweiterung lassen sich nicht zermürben: „Notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof“
Die Stadt läßt kein Mittel unversucht, die HafenerweiterungsgegnerInnen zu zermürben: Mit Beginn des Sommerfahrplans am 2. Juni soll Altenwerder auch verkehrstechnisch isoliert werden. Die Fährverbindung (Linie 61) zu den Landungsbrücken wird am Wochenende ganz eingestellt und werktags extrem gekürzt: Wer nach 19 Uhr mit dem Schiff von oder nach Altenwerder möchte, hat Pech. Die Spät-Verbindungen (22.30 Uhr ab St. Pauli, 23.30 Uhr ab Altenwerder) werden abgeschafft, ebenso die Morgenfähre um 6.50 Uhr. Mit mangelnder Auslastung und finanziellen Schwierigkeiten begründet der HVV die Fahrplanänderung. Herbert Nix vom Förderkreis Rettet die Elbe hingegen spricht von „reiner Schikane“: Ohne Fähre müssen die Schulkinder „künftig allein 20 Minuten bis zum Bus laufen“.
Dennoch kann von „bröckelndem Widerstand“, den die Wirtschaftsbehörde zu suggerieren sucht, keine Rede sein. Altenwerder-Kläger Werner Boelke ließ gestern mitteilen, er werde „notfalls vor den Europäischen Gerichtshof“ ziehen. Sein Rechtsanwalt Martin Hack ist zuversichtlich, daß das OVG den erstinstanzlich verhängten Baustopp bestätigen wird. Es gehe nicht nur um die Belange eines einzelnen Grundbesitzers, sondern um die generelle Prüfung der Gesetzesgrundlage und die Notwendigkeit der Hafenerweiterung.
In ihrem Verhandlungspoker um die letzten Privatgrundstücke auf der Elbinsel hatte die Stadt zu Jahresbeginn vier Eigentümern knapp zwölf Hektar zu Höchstpreisen abgeschwatzt. „Ohne rechtliche Klärung und in Zeiten knapper Kassen ein Skandal“, findet Nix: „Hier werden Millionen verschleudert.“ 250 bis 300 Mark sollen pro Quadratmeter gezahlt worden sein. „Wenn die Behauptung stimmt, daß für vorwiegend billige Landwirtschaftsflächen hohe Baulandpreise bezahlt wurden, ist das schon fragwürdig“, findet auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Walter Zuckerer (SPD).
Den Beschluß, den Hafenausbau zu stoppen, haben diese Verkäufe nicht beeinflußt, bestätigt das Verwaltungsgericht. Unterdessen traut die Wirtschaftsbehörde offenbar ihrer eigenen Rechtsabteilung nicht mehr: Ein privates Anwaltsbüro wurde mit der Rechtsberatung beauftragt, gibt Sprecher Wolfgang Becker zu.
Die Begründung für die vor mehr als vier Wochen eingereichte Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluß hat die Behörde übrigens noch immer nicht fertig.
Heike Haarhoff
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