Mozart ohne doppelten Boden

■ Das „Quintette Moraguès“ versuchte sich im Radio Bremen-Sendesaal an Bläser-Bearbeitungen – virtuos, aber glatt

Angeregt vom Institut Français, stellte Radio Bremen in seiner Kammermusikreihe das „Quintette Moraguès“ mit einem reinen Bearbeitungsprogramm vor: Michel Moraguès, Flöte, David Walter, Oboe, Pascal Moraguès, Klarinette, Pierre Moraguès, Horn und Patrick Vilaire, Fagott, sind zweifelsohne Könner ersten Grades. Die Musiker sagen selber, daß man über die Praxis der Bearbeitungen streiten kann. In der Tat. Dabei war im Falle der Serenade Nr. 12 c-Moll, KV 388 von Wolfgang Amadeus Mozart für eigentlich acht Bläser weniger die klanglich doch erheblich reduzierende Bearbeitung fragwürdig als vielmehr die Interpretation selbst.

Mozarts Bläsermusik, von Anfang an zutiefst experimentell und in den mollgetönten Klangfarben und überraschenden formalen Abläufen die Gattung Serenade unterlaufend, wurde hier allzu glatt und schnell heruntergespielt. Die am Anfang des 19. Jahrhunderts an den Blasinstrumenten vorgenommenen Klangverbesserungen und -neuerungen taten das Ihre für einen rein unterhaltenden Eindruck, denn die Klänge wurden zu jener Zeit egalisiert. Folge: Die charakteristische Mozartsche Doppelbödigkeit kam gar nicht erst auf. Wegen Repertoiremangels sind Bearbeitungen generell legitim, besonders dann, wenn ihre Virtuosität Freude macht: Dies war bei den Franzosen der Fall mit Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ – eigentlich für Klavier – und mit dem Streichquartett F-Dur, op. 96, dem „Amerikanischen“, von Antonin Dvoràk. Für Ravel war der Ersatz der schillernden Klangfarben des Klaviers – fast wie eine Orgel wechselnde Register und immer anderer Themeneinsatz – nicht immer befriedigend, für Dvorak hingegen ergab sich ein durchaus neuer Aspekt der Komposition: Während der Gesamtklang des Streichquartettes eine starke klangliche Einheit ausstrahlt, ist ein Gesamtklang des Bläserquintettes noch immer heterogen.

Und so blitzen in der Streichquartettfassung die Soli gewissermaßen aus dem Fundament heraus, während in der Bläserquintettfassung ein permanentes solistisches Gewusel zu hören ist. Ob das Sinn macht, ist hier nicht die Frage: Spaß hat's gemacht, weil's glänzend gespielt war. Und mit der rasant gefetzten Zugabe von Manuel de Fal- las wildem „Feuertanz“ setzten die fünf noch einen drauf, belohnt von herzlichem Beifall im gut besuchten Sendesaal. Ute Schalz-Laurenze