■ Fakten: Reiseziel Kreta
Es begann 1971. Damals landeten die ersten Charterflüge auf Kreta. Heute kommen, mit Einbrüchen 1995, etwa 2,5 Millionen Urlauber, davon 85 Prozent mit dem Charter. Der Flughafen Heraklion ist ab Ostern an Wochenenden völlig überlastet. Zur Zeit wird der Flughafen von Chania ausgebaut, auch der Flughafen Heraklion wird vergrößert. 80 Prozent aller kretischen Hotels stehen an der Nordküste. Grund: die kurzen, ausgebauten Transferwege vom Flughafen Heraklion. Kreta ist nicht gerade mit Sandstränden gesegnet. Dennoch hat sich an der Nordküste zwischen Rethymnon und Sitia fast jedes kleine Fischerdorf zum belebten Touristenort gemausert: Mehr oder weniger große Anlagen und die typische Infrastruktur zwischen Souvenirladen und Disko haben sich breitgemacht; Fischer und Fische sind rar geworden. Wie auf vielen griechischen Inseln ist auch auf Kreta mangels produktiver Wirtschaftszweige der Tourismus eine Haupteinnahmequelle.
Die Rückgänge im Griechenlandtourismus spürt auch Kreta. 1995 sanken die Ankünfte von 2,5 Millionen 1994 auf 1,9 Millionen. Nun gilt es, Besitzstände zu wahren: „Nur Verrückte bauen neue Hotels“, meint Babis Foskolakis von der Vereinigung der Hoteldirektoren Kretas. Nichtsdestotrotz läuft die Planung für den privaten internationalen Flughafen eines österreichischen Konsortiums im südöstlichen Ierapetra. Das Genehmigungsverfahren ist nach Aussage des Hauptpräfekten Stavros Kampelis eingeleitet. Nicht weit vom Flughafenstandort soll nahe des naturgeschützten Palmenstrandes Vai eine 25.000 Hektar große Anlage entstehen.
Ansonsten wollen die Politiker, so der Präfekt, fürderhin den Kongreßtourismus und einen sanften Wander- und Agrartourismus mit EU- Geldern fördern. Bauern bekommen bis zu 60 Prozent EU-Zuschüsse zum Ausbau von Fremdenzimmern. Agrartourismus als touristisches Zubrot für den infrastrukturell schlecht erschlossenen Süden Kretas. Ein Programm, das nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Denn nach der Fertigstellung der Fremdenzimmer gibt es niemanden, der das Angebot auf dem internationalen Markt vertreibt. So mancher soll so zum günstigen Einfamilienhaus – von der EU finanziert – gekommen sein. ed
Buchtip: Dimitris Papadakis, „Die letzten Kreter – Volkserzählungen", 1994, 240 Seiten, 26 DM. Direkt Versand: Moll & Eckhard, Zülpicherstr. 174, 50937 Köln,
Tel.: 0221/427366
Papadakis erzählt in 21 humorvollen, deftigen Geschichten vom Leben in den Dörfern Kretas. Aus einer Zeit, bevor der Tourismus die Insel zu verändern begann. Geschichten von originellen Charakteren, verrückten Ausbrüchen, der Beziehung zwischen Männern und Frauen, Festen und Aberglauben. Sehr lesenswert.
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