Ist Hautarzt der Havel-Ripper?

■ Ein bereits im April festgenommener Karrierearzt hat möglicherweise fünf Prostituierte ermordet. Ermittler sprechen von gespaltener Persönlichkeit

Ist ein 36jähriger Hautarzt der „Havel-Ripper“, der mehrere Prostituierte umgebracht und seziert hat? Wegen versuchten Totschlags und Mordes sitzt der Assistenzarzt Stefan S. seit Anfang April in Untersuchungshaft. Er bestreitet die Tatvorwürfe, doch zumindest in einem Mordfall hält ihn die Polizei „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ für den Täter: Er soll eine 19jährige ermordet haben, die wie die anderen Opfer an der Kurfürstenstraße anschaffen ging. Teile ihrer Leiche wurden im Oktober 1994 an der Autobahn Hamburg–Lübeck gefunden. Ein Fernfahrer fand in einer Mülltonne ihren Kopf. Fünf Kilometer weiter wurden Herz, Leber und Niere gefunden, die mit chirurgischer Präzision herausgeschnitten worden waren.

In weiteren drei Fällen gibt es bislang keine konkreten Beweise, nur Indizien: Auch bei einer 24jährigen Prostituierten, deren zerstückelte Leiche im Juni letzten Jahres gefunden wurde, stellte die Kripo fachmännische Schnitte fest. Dem Opfer wurden Beine und Arme abgetrennt und die Brüste abgeschnitten. Weil die 40 Leichenteile im Oder-Havel-Kanal gefunden wurden, prägten die Ermittler den Namen Havel-Ripper. In beiden Fällen wurde als Tatwerkzeug vermutlich ein Laser- Skalpell benutzt.

Hautarzt Stefan S. beherrscht die Laser-Technik wie kein anderer, sagen seine Kollegen. Der gebürtige Bonner kam vor drei Jahren an das Universitätsklinikum Benjamin Franklin. Das introvertierte Einzelkind aus gutem Hause war ein Musterschüler und hatte eine Bilderbuchkarriere gemacht. Er wollte sich auf Pigment- und Hautkrebsforschung spezialisieren. Wegen seiner eleganten Erscheinung nannten ihn seine Kollegen den „Aristokraten“.

Die Polizei kam dem Arzt Ende März auf die Spur, weil sein Opfer überlebte. Eine 29jährige Prostituierte, die er in seinem Wagen mit einem Hammer und einem Messer schwer verletzt hatte, konnte entkommen. Daß der Arzt von ihr abließ, führt der Staatsanwalt darauf zurück, daß er sich bei dem Handgemenge selbst verletzte. Dies habe eine „innere psychische Blockade“ ausgelöst. Am Morgen danach begab sich Stefan S. wegen der Schnitt- und Stichwunden zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Zur selben Zeit klopfte bereits die Polizei an die Tür seiner Schmargendorfer Einzimmerwohnung. Bei der Durchsuchung stießen die Beamten auf Blutlachen im Flur. Sie fanden auch Fotos einer zerstückelten toten Frau. Es handelt sich um eine Prostituierte, die in der Nacht zum 3. März verschwand. Von der Leiche fehlt bis heute jede Spur. Stefan S. wurde aus dem Krankenbett heraus verhaftet. Bei der Vernehmung gab der Arzt zu, daß die Frau in seiner Wohnung gewesen sei. Aber er habe ihr nichts getan. Überheblich, arrogant und voller Selbstmitleid, so schildern ihn die Ermittler. Er weise eine „zutiefst gespaltene Persönlichkeit“ auf. win