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Waigel taumelt von einem Krater zum nächsten

■ Offenbar 10 Mrd. Mark zusätzliche Neuverschuldung. Beitritt zur europäischen Währungsunion immer unwahrscheinlicher. Finanzminister pöbelt über Opposition

Berlin (taz/AFP) – Der Bund wird sich in diesem Jahr mit 70 Milliarden Mark neu verschulden. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine unter Berufung auf Koalitionskreise. Als Grund wird genannt, daß die Gesetze, die staatliche Leistungen garantierten, nicht rechtzeitig geändert wurden. Bisher war von einem 60-Milliarden- Defizit die Rede. Auch Finanzminister Theo Waigel räumte gestern in der Bild am Sonntag ein, daß eine höhere Kreditaufnahme nicht ausgeschlossen sei.

Damit erreicht Deutschland in diesem Jahr eine weitere Zulassungsvoraussetzung nicht, die zum Beitritt zur europäischen Währungsunion notwendig ist. Der Vertrag von Maastricht 2 schreibt vor, daß das Haushaltsdefizit höchstens drei Prozent betragen darf. Und noch ein anderes Kriterium wird damit eventuell verfehlt: Die gesamte Staatsverschuldung darf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten.

In der Bonner Regierungskoalition geht noch ein anderes Gespenst um: Aufgrund der fatal niedrigen Steuerschätzung muß es 1997 zu noch weit größeren Sparschritten kommen, als bisher angenommen. In den letzten Tagen war von einem Loch von 25 Milliarden Mark die Rede. Steuervergünstigungen und staatliche Subventionen stünden demnächst zur Disposition, heiß es in der FAZ.

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte dazu, für die vorausgesagten Steuerausfälle in Milliardenhöhe sei durch die Haushaltssperre Vorsorge getroffen. Das aber bezweifeln viele Experten. Denn obwohl Theo Waigel und seine Mannen seit kurzem alle größeren Ausgaben prüfen, ist keineswegs sicher, ob auf diese Weise tatsächlich fünf Milliarden Mark in der Bonner Kasse zurückgehalten werden können. Frühere Haushaltssperren brachten jedenfalls nicht den vorhergesagten Erfolg.

Waigel versuchte gestern, der Opposition den Schwarzen Peter hinzuschieben: Das Wohl und Wehe der öffentlichen Haushalte liege nicht allein in seiner Hand. Wenn die Sparvorhaben der Bundesregierung weiter von der SPD verhindert würden, „wird auch der Haushalt des Bundes nicht so entlastet wie vorgesehen“. Auf dem Tisch des Bundesrates lägen schon Gesetzentwürfe zu massiven Einsparungen bei Bund, Ländern und Gemeinden. Waigel verwies auf die Sparpläne bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe. „Die SPD-Ministerpräsidenten müssen endlich ihre Blockadepolitik im Bundesrat aufgeben und diesen Gesetzen zustimmen“, forderte Waigel. Zudem kündigte er an, bei der anstehenden Steuerreform müßten Einkommenssteuern gesenkt und Verbrauchssteuern angehoben werden. aje

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