: Soldaten in den Straßen von Dhaka
■ Nach einem Putschversuch herrscht in Bangladesch Chaos. Meuternde Militärs wollen nicht in ihre Kasernen zurück
Bangkok (taz) – Nach dem angeblichen Putschversuch in Bangladesch und der Entlassung des Armeechefs herrschte gestern Verwirrung in der Acht-Millionen- Hauptstadt des Landes. Die Läden in Dhaka öffneten wie gewöhnlich, die Bevölkerung scharte sich um Radiogeräte, um neueste Berichte zu hören.
Die Regierung ließ Berichten zufolge Truppen aufmarschieren, um den Präsidentenpalast und strategisch wichtige Einrichtungen wie den Sender des staatlichen Fernsehens zu schützen. Mehrere hundert Soldaten, die dem abgesetzten Generalleutnant Abu Saleh Muhammad Nasim ergeben sind, widersetzten sich dem Befehl, in ihre Kasernen zurückzukehren, und marschierten auf Dhaka zu, hieß es gestern.
Nasim, der im Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan im Jahre 1971 ein Bein verloren hat, war seit 1994 Heereschef. Innerhalb der Armee gilt er als Freiheitsheld. Wo er sich gestern aufhielt, war zunächst unklar. Ein Armeeoffizier behauptete, Nasim werde von der Militärpolizei in einem Offizierskasino festgehalten. Präsident Abdur Rahman Biswas hatte dem Armeechef vorgeworfen, er habe eine Revolte angezettelt, um die für den 12. Juni geplanten Parlamentswahlen zu verhindern.
Die oppositionelle Awami Liga hatte die Neuwahlen unter einer neutralen Interimsregierung erzwungen, nachdem sie Regierung und Parlamentssitzungen zwei Jahre lang boykottierte. Sie beschuldigte den Präsidenten, mit der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia, die vor zwei Monaten von ihrem Amt zurücktreten mußte, an einem Strang zu ziehen und die Wahlen zugunsten ihrer Bangladesh National Party beeinflussen zu wollen.
Präsident Biswas hatte den Armeechef gefeuert, weil er sich weigerte, zwei hochrangige Militärs zu entlassen, die sich – entgegen den Vorschriften – in einer politischen Partei organisiert hatten
Seit der Rückkehr Bangladeschs unter eine zivile Regierung im Jahr 1991 hat sich das Militär des Landes trotz großer innenpolitischer Instabilität bislang zurückgehalten. Bangladesch ist seit seiner Unabhängigkeit von politischer Gewalt geplagt, zwei Präsidenten wurden ermordet, es gab drei Militärputsche und achtzehn Putschversuche. Jutta Lietsch
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