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„Wir tun nur unsere politische Arbeit“

■ Suu Kyi kämpft für Birmas Demokratie

taz: Warum haben Sie am Parteitag ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) festgehalten, obwohl die Militärregierung [Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung, SLORC] die meisten Delegierten verhaftet hat?

Aung San Suu Kyi: Wenn wir nur deshalb aufgeben würden, weil die Militärjunta uns belästigt und behindert, dann könnten wir überhaupt nichts mehr machen. Schließlich belästigt sie uns fortwährend. Wir hingegen tun nur unsere politische Arbeit, und warum sollten wir das nicht tun?

Hat die Militärjunta vor dem Parteitag mit Ihnen Kontakt aufgenommen, um Sie von dem Treffen abzubringen?

Nein. Diese Verhaftungen haben deutlich gezeigt: Der SLORC weiß sehr gut, daß die Abgeordneten der NLD immer noch die legitimen Vertreter des Volkes sind. Deshalb ist er so nervös. Denn die Amtszeit der gewählten Delegierten beginnt mit der ersten Parlamentssitzung und dauert vier Jahre.

Das Parlament konnte aber nach den Wahlen noch kein einziges Mal zusammentreten. Das bedeutet: Die NLD-Abgeordneten haben noch vier Jahre Amtszeit vor sich.

Das bestreiten die Generäle.

Ja, sie versuchen es mit allen möglichen Argumenten: Sie sagen zum Beispiel, die Wahlen seien zu lange her und deshalb nicht mehr relevant. Nach ihrer Logik sind die Delegierten also völlig normale Bürger. Aber warum verhaften sie diese Menschen, die nach ihrer Ansicht nur ganz gewöhnliche Leute sind? Das Vorgehen des SLORC macht deutlich, wie extrem nervös die Generäle sind. Sie wissen, daß die NLD immer noch die Unterstützung des Volkes hat.

Das Militär läßt gerade eine neue Verfassung ausarbeiten, um dann irgendwann Neuwahlen auszurufen.

Der SLORC hat von vornherein bestimmt, daß künftig 25 Prozent aller Parlamentssitze dem Militär vorbehalten werden. Die neue Verfassung soll den Generälen auch das Recht geben, jederzeit wieder die Macht zu ergreifen. Das ist kein Fortschritt auf dem Weg zur Demokratie, das geht sogar hinter die gegenwärtige Situation zurück. Die Militärs versuchen auf alle möglichen Arten, ihre Legitimität zu beweisen.

Was erhofft sich die birmesische Opposition jetzt vom Ausland?

Die internationale Gemeinschaft muß zu einer gemeinsamen Haltung auf der Basis der Resolution der UNO-Generalversammlung zu Birma kommen.

Danach müßte das 1990 gewählte Parlament eingesetzt werden. Einige asiatische Staaten haben jedoch erklärt, die Verurteilung der Junta sei eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Birmas.

Sie sprechen lieber von einem „konstruktiven Engagement“.

Das heißt in Birma investieren und zugleich auf die Generäle einwirken, eine politische Öffnung zuzulassen. Was halten Sie davon?

Damit haben sie dem SLORC nur die Mittel in die Hand gegeben, seine Macht zu konsolidieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt profitiert nur eine kleine Elite in Birma von den Investitionen aus dem Ausland. Der Mehrheit der Bevölkerung geht es aber nicht besser, sondern im Gegenteil schlechter. „Konstruktives Engagement“ hat Birma keinen Schritt weiter auf dem Weg zur Demokratie verholfen.

Auch deutsche Unternehmen wollen Ihre Aufforderung an internationale Firmen nicht befolgen, keine Geschäfte mit der Junta zu machen. Beispielsweise ist BMW auf der gerade eröffneten Industrieausstellung in Rangoon vertreten. Das Unternehmen hat der Regierung sogar ein Geschenk gemacht: drei Polizeimotorräder.

Das hört sich überhaupt nicht gut an. Dann könnten sie ebensogut die Polizei mit Gewehren beliefern. Interview: Jutta Lietsch

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