Türkische Minister treten nicht ab

■ Islamisten stellen Mißtrauensantrag gegen Mesut Yilmaz

Istanbul (taz) – Die tragikomische Existenz der rechtskonservativen Regierungskoalition in der Türkei geht ihrem Ende entgegen, nachdem die Vorsitzende der „Partei des rechten Weges“, Tansu Çiller, die Koalition aufgekündigt hat. Sie setzte ihre Attacken auf Ministerpräsident Mesut Yilmaz von der Mutterlandspartei fort, indem sie Yilmaz als „Gespenster- Ministerpräsident“ bezeichnete. Bereits zuvor hatte sie Yilmaz als „Dreckskerl“ tituliert und vom „faktischen und rechtlichen“ Ende der Koalition gesprochen.

Obwohl Çillers Partei die Zusammenarbeit aufgekündigt hat, weigert sich Ministerpräsident Yilmaz, seinen Rücktritt einzureichen. „Kriegt erst mal 276 Stimmen zusammen!“ sagte er an die Adresse von Çiller gewandt. 276 Stimmen werden im Parlament für ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung benötigt. Çiller hat allerdings angekündigt, daß ihre Partei ein Mißtrauensvotum der islamistischen Wohlfahrtspartei unterstützen wird. Die Partei des rechten Weges und die Wohlfahrtspartei verfügen zusammen über die absolute Mehrheit im Parlament.

Alle Parteien warten unterdessen das Ergebnis der Kommunalwahlen am 2. Juni ab. In einigen Bezirken der Türkei, unter anderem im bevölkerungsreichen Istanbuler Bezirk Bakirköy, finden Neuwahlen zum Kommunalparlament statt. Meinungsumfragen zufolge haben beide rechtskonservativen Parteien an Popularität verloren, während die islamistische Wohlfahrtspartei erstarkte.

Trotz Aufkündigung der Koalition hat bislang die Mehrheit der Minister, die der Partei des rechten Weges angehören, nicht ihren Rücktritt eingereicht. Çiller befürchtet offensichtlich, daß Ministerpräsident Yilmaz an ihrer Stelle neue Minister aus den Reihen seiner eigenen Partei benennt und als Provisorium die Regierung weiterführt. Ömer Erzeren