Der Herzog, sein Hof und die Liebe im Wald

■ Moderne Zutaten und Schlager: Die Hofbühne macht Shakespeare zum Musical

Bei Regisseur Matthias Schumann dürfen Shakespeare-Figuren schon einmal die Kreditkarte zücken, surfen gehen oder in den Boxring steigen. Ganz selbstverständlich und nebenbei sogar. Vielleicht wirkt es auch deshalb weder verkrampft noch wie Leichenfledderei. Und vielleicht feierte das Publikum im Musiktheater Reeperbahn am Donnerstag auch deshalb die Musical-Premiere wie einen Hamburger Karneval.

Die Geschichte vom machthungrigen Herzog, der seinen Bruder stürzt, dessen Tochter verbannt und so fast seinen ganzen Hof zur ereignisreichen Flucht in den Wald bewegt, wirkt im leuchtend bunten Bühnenbild, mit Schlager-angehauchten Akustik-Klängen, selbstironischem Humor und dem Mojo-Club als Austragungsort wirklich nicht wie ein knapp vierhundert Jahre alter Klassiker von William S.

Dabei war es das erklärte Ziel der Laienspielgruppe Hamburger Hofbühne, seinen Text nur „in respektvoller Anlehnung“ zu kürzen und zu würzen. Und bei allem Temperament und Spott von Rosalinde (Katrin Schulz) und Hofnarr Touchstone (Ole Müggenburg) ließ die musikalische Neufassung von Wie es Euch gefällt immerhin noch Platz für Shakespeares Poesie und seine Bilder der aufeinanderprallenden Welten von Hof und Wald. Das im Palast gescheiterte Zusammenleben zweier Sippen kann – inklusive einiger nur scheinbar komplizierter Liebesverknüpfungen – natürlich erst zwischen Bäumen und Schäfern wieder ins Lot gebracht werden. Jedenfalls erst, nachdem die zunächst überheblichen Städter feststellen, daß das Landleben eigentlich viel besinnlicher und friedvoller ist als das ihrige. Ganze drei Paare finden sich schließlich doch noch, alle rivalisierenden Brüder versöhnen sich, der böse Herzog ist bekehrt – und fortan will jeder viel lieber Schäfer als Monarch sein.

Daß die gesanglichen Leistungen nicht immer Perfektion erlangen, bei Requisiten aus minimalen Mitteln das bestmögliche herausgeholt wird und der Humor auch mal schräg bis absurd sein darf, unterstreicht nur den Anspruch der Truppe, eine Alternative zum sterilen Massenmusical zu bieten. Die liebevoll-satirische Art, mit der alle Akteure in ihren Charakteren aufgehen und etwa im Finale einfach mal ein um den Hals hängendes Kruzifix zum imaginären Mikrophon umfunktionieren, dürfen wir bei Buddy Holly und Co. wohl nie erleben.

Timo Hoffmann

Weitere Aufführungen bis zum 23. Juni, Do bis So, 19.30 Uhr, Karten: 15 bis 20 Mark