„NS-Geschichte läßt sich nicht einfach abreißen“

■ Neue Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangstors der Graf-Goltz-Kaserne

Jahrzehntelang sind Soldaten durch das mächtige Eingangstor der Graf-Goltz-Kaserne in Rahlstedt marschiert. Seit etwa einem Jahr laufen AsylbewerberInnen und StudentInnen auf dem Weg zu ihren Wohnungen zwischen den Säulen auf dem stillgelegten und nun zivil genutzten Militärgelände herum. Viele wissen nicht, daß die Kasernen – benannt nach dem preußischen General Rüdiger Graf von der Goltz, Führer der 1. Weltkriegs-„Ostseedivision“ – 1938/39 gebaut wurden und das Tor seither NS-Wandreliefs unkommentiert abbildet. An die Deserteure des 2. Weltkriegs, die auf dem benachbarten Schießplatz Höltigbaum hingerichtet wurden, erinnert nichts.

Eine Auseinandersetzung mit dem NS-Bauwerk und den „heroischen Darstellungen an den Torwänden, die u.a. den Einmarsch in Prag zeigen, hat bislang zu wenig stattgefunden“, stellt der Wandsbeker GAL-Fraktionschef Wolf-Dieter Rösler fest. Das soll sich ändern. Am Freitagabend prämierte eine Jury aus Vertretern des Denkmalschutzamts, des Studentenwerks, der Studierenden, des Bauamts Wandsbek und der Friedensinitiative Rahlstedt vier Gestaltungsvorschläge – Früchte eines Ideenwettbewerbs zur Umgestaltung und Kommentierung des Eingangstors, den die Wandsbeker Grünen ausgeschrieben hatten. 29 Entwürfe, hauptsächlich von StudentInnen der Hochschule für Bildende Künste, gingen ein.

Den ersten Preis erhielt Michael Dürfeld, der das Tor verfremden möchte: Dazu sollen die Fundamente zwei Meter tief freigelegt und zugänglich gemacht werden. Kirsten Bonk und Ulrich Tränkmann (zweiter Platz) möchten Glasplatten zwischen die Säulen hängen und der faschistisch verklärten Darstellung der Militäreinmärsche und Überfälle Gedenktafeln für die NS-Opfer gegenüberstellen. Andere Wettbewerbs-TeilnehmerInnen schlagen vor, das Tor lieber „einzumotten“, es unsichtbar zu machen oder von den übrigen Gebäudeteilen abzugrenzen.

Ob und wann die Ideen umgesetzt werden, ist wie immer eine Finanzfrage, weiß auch Hans-Jürgen Drignat vom Studentenwerk. Wenn aber demnächst auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne neben den bereits jetzt bewohnten Studenten- und Asylbewerberheimen weitere 800 Wohnungen – Reihenhäuser, Miet- und Eigentumswohnungen – entstehen, soll das Eingangstor in jedem Fall „in Auseinandersetzung mit der Geschichte“ umgestaltet werden.

Einen Abriß hält die Jury eher für unwahrscheinlich; die StudentInnen lehnen ihn mehrheitlich ab. Denn, sagt eine, „es bringt nichts, so zu tun, als ließe sich die Geschichte zwischen 1933 und 45 abreißen“. Heike Haarhoff