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Britische BSE-Pläne löchrig

■ Experten sagen, Schlachthöfe wollen nicht teilnehmen. Briten wollen jetzt Verfütterung von Tiermehl bestrafen

Brüssel (taz) – Die Bundesregierung hat nach dem Agrarministergipfel in Luxemburg gute Argumente gegen das von der britischen Regierungsprogramm zur Eindämmung der Rinderseuche BSE. Dabei richtet sich die Kritik zum einen gegen das sogenannte „selektive Schlachtprogramm“, dem rund 80.000 Rinder zum Opfer fallen sollen. Zum anderen lassen auch die Kontrollmaßnahmen der britischen Regierung an der Weisheit ihrer Verfasser zweifeln.

Erstens halten deutsche Regierungsexperten schon Hoggs Ansatz zur Ermittlung der besonders BSE-gefährdeten Rinder für mangelhaft. Einbezogen werden in den Schlachtplan nämlich nur Tiere, die ab 1990 geboren wurden, während die deutsche Regierung bereits die Erfassung ab Geburtsjahr 1988 für erforderlich hält.

Die Briten haben allerdings erst zwei Jahre später mit der Verdatung ihrer Rinderherden begonnen. Bei älteren Tieren könnte daher nicht so exakt gesagt werden, welches Rind wann mit welcher Nahrung gefüttert wurde. Wollte man auf Nummer Sicher gehen, müßten also viel mehr Rinder als in den besser verdateten Jahrgängen geschlachtet werden.

Auch die Umsetzung des Hogg- Planes dürfte zu Schwierigkeiten führen. Schon das bereits angelaufene Schlachtprogramm für Kühe, die älter als 30 Monate sind, ist durch einen ernsthaften Mangel an beteiligungswilligen Schlachthöfen gefährdet. Nach Informationen der deutschen Experten ziehen immer mehr der privat organisierten Schlachthöfe ihre Zusage zurück. Sie reagieren damit auf den Druck anderer Kunden, die mit Abwanderung drohen, wenn in „ihrem“ Schlachthof auch Tiere im Rahmen von Anti-BSE-Programmen getötet werden.

Allzu langes Warten auf die Schlachtung sorgt nach Ansicht der Bundesregierung jedoch für neue Risiken. Die Experten fürchten die kriminelle Energie von Landwirten, die sich ungerecht behandelt fühlen: „Wir haben es beim deutschen Hormonskandal doch gesehen, wie die Bauern die verplombten Ställe aufbrachen und die Tiere noch schnell ins Ausland verschoben.“

Nachgerade absurd werden die Vorschläge des britischen Landwirtschaftsminister Douglas Hogg, wenn dieser verspricht, künftig Bauern zu bestrafen, die noch verseuchtes Tiermehl besitzen. Die Verfütterung dieses Zeugs ist eigentlich seit 1988 untersagt. Bauern halten aber Tierfutter nicht jahrelang vor, schon gar nicht, wenn es als verseucht gilt. Experten vermuten, Hogg wolle mit dem Verbot nur davon ablenken, daß die Erkrankung jüngerer Tiere nicht auf die Fütterung, sondern auf andere Übertragungswege zurückgehen. Christian Rath

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