: Die Öffentlichkeit ist unerwünscht
Regierungskoalition verweist unter Umgehung des parlamentarischen Weges die Änderungen des Ausländergesetzes in den Innenausschuß. Bündnisgrüne kritisieren dies als unlauter ■ Aus Bonn Markus Franz
Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP im Bundestag planen, unter Umgehung des üblichen parlamentarischen Weges, kurzfristig das Ausländergesetz zu ändern. Statt einen Gesetzesentwurf im Bundestag einzubringen, sollen die für Ausländer teils positiven, teils negativen Änderungen am 12. Juni im Innenausschuß beraten werden. Er tagt unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Bündnis 90/Die Grünen sowie die SPD kritisierten sowohl dieses Verfahren als auch die geplanten Änderungen.
Der einwanderungspolitische Sprecher von B90/Grüne, Cem Özdemir, bezeichnete die Vorgehensweise der Bundesregierung als unlauter. Sie wolle offenbar eine öffentliche Debatte über die „größtenteils zuungunsten der Ausländer“ geplanten Gesetzesänderung verhindern. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Fritz Rudolf Körper, nannte das Verfahren zwar formal korrekt, kritisierte aber, daß es nicht gut sei, wenn solch bedeutende Fragen „hopplahopp“ erledigt würden.
Hintergrund ist, daß Bundesrat, SPD und B90/Grüne Gesetzesentwürfe zum Ausländerrecht in den Bundestag eingebracht hatten. Nach der ersten Lesung wurden sie in die für den 12. Juni angesetzte Innenausschußsitzung weitergeleitet, bevor die zweite und dritte Lesung erfolgen. Die Bundesregierung bringt nun ihre Gesetzesvorhaben in Form von Änderungsanträgen zu den von Bundesrat und Oppositionsparteien gemachten Gesetzesentwürfen in den Innenausschuß ein. Durch diesen Kniff umgeht sie die erste Lesung.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Rupert Scholz, begründete dieses Vorgehen mit einem zügigeren Abschluß der Gesetzesänderungen. Eine Plenardebatte sei nicht mehr nötig, da schon über alles ausgiebig diskutiert worden sei. Im übrigen gebe es ja noch die zweite und die dritte Lesung.
Mit scharfen Worten kritisierte Cem Özdemir die „erneute Verschärfung des Ausländer-, Asyl- und Strafgesetzes“. Anstatt der dringend notwendigen Novellierung des Ausländerrechts zugunsten der Betroffenen greife die Koalition in die „Gesetzesschublade rechtsaußen, verabreicht mit einigen unzureichenden Bonbons für die krassesten Problemlagen und serviert auf dem Tablett der Abschreckung von Gewalttätern“.
Neben Verbesserungen, etwa zum eigenständigen Aufenthaltsrecht für Ehefrauen sowie zur Aufenthaltserlaubnis für behinderte Kinder, die den Oppositionsparteien allerdings nicht weit genug gehen, ist eine Ausweitung der Abschiebungsmöglichkeiten geplant. So sollen Ausländer, die bisher einem besonderen Ausweisungsschutz unterlagen (Asylberechtigte, Ehepartner von Deutschen), und selbst politisch Verfolgte, die in ihrem Heimatland die Todesstrafe zu erwarten haben, abgeschoben werden können, falls sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren – bisher fünf Jahre – verurteilt werden. Zudem soll der Straftatbestand des Landfriedensbruchs verschärft werden. Wer beispielsweise während einer verbotenen Demonstration mit einem Megaphon zu einer Fortsetzung der Demo aufruft, soll künftig wegen schweren statt einfachen Landfriedensbruchs bestraft werden. Ausländer müßten infolge des dadurch bedingten höheren Strafmaßes die Abschiebung fürchten.
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