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2,77 Kilo angereichertes Uran beschlagnahmt

■ Neuer Fall von Atomschmuggel in Bayern: Slowakische Tätergruppe bot laut Bundeskriminalamt Uran an. Mutmaßlicher Täter wurde festgenommen

München (AFP/taz) – Zwei Jahre nach einer spektakulären Serie von Atomschmuggelfällen in Bayern haben die Ermittlungsbehörden dort gestern einen neuen Fall gemeldet. Wie Münchner Staatsanwaltschaft, Bundeskriminalamt (BKA) und bayerisches Landeskriminalamt (LKA) mitteilten, wurde bereits am 29. Mai im Ulm ein Ingenieur aus Bratislawa (Preßburg) unter dem Verdacht festgenommen, Uran eingeschmuggelt und zum Verkauf angeboten zu haben. Das radioaktive Material war in der Bank gelagert. Eine erste Analyse durch das Europäische Institut für Transurane in Karlsruhe ergab, daß es sich um Natur-Uran und mit Uran 235 angereichertes Material handelt. Zum Anreicherungsgrad des Urans 235, der für die Atomwaffenfähigkeit entscheidend ist, machten die Behörden keine Angaben.

Die Ermittlungsbehörden waren diesen Angaben zufolge durch die österreichische Polizei darüber informiert worden, daß eine slowakische Tätergruppe 2,77 Kilogramm radioaktives Material für eine Million Dollar zum Kauf anbot. Die Anbieter des Materials konnten nach Angaben der Ermittlungsbehörden identifiziert werden. Nach weiteren Tatverdächtigen wird noch gefahndet. Der Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft lehnte weitere Angaben zu der Aktion ab.

Der 49jährige Slowake wurde beim Betreten der Bank von einem Sondereinsatzkommando aus München festgenommen. Er sitzt seither aufgrund eines Haftbefehls der Staatsanwaltschaft MünchenI in Untersuchungshaft. Staatsanwaltschaft, BKA und bayerisches LKA wollen morgen nähere Einzelheiten zu der Aktion mitteilen. An den Ermittlungen war auch das LKA Baden-Württemberg beteiligt. Über die Verpackung des Materials wollte die Staatsanwaltschaft keine Auskunft geben. Messungen der zuständigen Umweltbehörden, die an der Aktion beteiligt gewesen waren, hätten jedoch keine für die Bevölkerung gefährliche Radioaktivität ergeben.

1994 hatten vier spektakuläre Fälle von Atomschmuggel Schlagzeilen gemacht: Am Bodensee, in Landshut, München und Bremen wurden teilweise waffenfähiges Uran und Plutonium entdeckt; mehrere Anbieter und Zwischenhändler wurden festgenommen. Unklar blieb in allen Fällen, wer die brisante Ware kaufen wollte. Nicht nur bei dem größten Nuklearfund am 10. August auf dem Münchner Flughafen gab es Hinweise auf eine Beteiligung verdeckter Ermittler von Polizei und Geheimdiensten.

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