Politische Ränkespiele

■ Die Diätenerhöhung in Bonn ist vom Tisch

Endlich scheint das Gezänk über die Diätenerhöhung vorbeizusein. Die Spitzen der Fraktionen wollen sie verschieben, die Mannschaften werden, auch wenn es schmerzt, ihre Gefolgschaft nicht verweigern. Das Parlament kann sich wieder Wichtigerem widmen.

Endlich vorbei, aber nicht vergessen, daß die Diätenfrage im Bundestag erst in den Nachtstunden debattiert wurde, welche Emotionen Abgeordnete entwickeln können, wenn es um ihr eigenes Geld geht, wie feige einige lediglich im Hintergrund intrigiert haben, um eine Erhöhung durchzusetzen. Endlich vorbei – bis zum nächsten Jahr.

Dabei sind die Argumente der Befürworter einer Diätenerhöhung nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Die Abgeordneten haben wohl die geringsten Einkommenserhöhungen in den letzten beiden Jahrzehnten vorzuweisen. Für gutbezahlte Spitzenleute aus anderen Bereichen ist das Finanzielle eher Hinderungsgrund als Anreiz, um in die Politik zu wechseln. Und sollten nicht die Besten gerade gut genug für die Politik sein?

Dennoch zählen diese Argumente zur Zeit nicht – und wenn sie noch so richtig wären. Angesichts von Sparpaket und sinkenden Realeinkommen für einen großen Teil der Bevölkerung ist es instinktlos, allein für sich mehr Geld zu fordern. Die Glaubwürdigkeit der Politiker, die sich zunehmend darin ergehen, Blut, Schweiß und Tränen zu fordern, ist damit dahin.

Jeder Politiker der Koalition, der von der Notwendigkeit des Sparpakets überzeugt ist, müßte schon allein aus taktischen Gründen auf eine Diätenerhöhung verzichten. Denn solange die Gewerkschaften den Pfeil im Köcher haben, daß sich die Abgeordneten bedienen, während sie bei den anderen kürzen, ist das Sparpaket erst recht nicht durchzusetzen. Aber so weit geht die Liebe zu angeblichen Notwendigkeiten dann wohl doch nicht, daß man von sich aus verzichtet.

Zähneknirschend hat die CDU dies erkannt. Von der Einsicht, daß die Diätenerhöhung im Volke als Affront verstanden wurde, keine Spur. Für die SPD ergibt sich ein besonderes Dilemma: Durch ihre Zustimmung sorgt sie mit dafür, daß das Sparpaket nun leichter durchsetzbar ist. Ob sie sich deshalb so lange gegen eine Verschiebung der Erhöhung wehrte? Markus Franz