■ Querspalte
: Four- letter word

Daß Helmut Markwort noch über „Persönlichkeitsrechte“ verfügen soll, hat mich ein wenig überrascht. Wer sich Woche für Woche in jenseitigsten Videoclips selbst verächtlich macht, der müßte längst alle diesbezüglichen Ansprüche an die Familie Burda oder einen anderen Vormund abgetreten haben. – Aber das Berliner Landgericht hat anders entschieden: Helmut Markwort hat eine Würde in Höhe von 15.000 Mark. Diese Summe soll das Magazin Zitty dafür bezahlen, daß es den Focus-Schriftleiter zusammen mit dem bekannten Werbespruch „Ficken, Ficken, Ficken und nicht mehr an die Leser denken!“ porträtiert hatte.

„Das ist unter meiner Würde!“ mögen Bärbel Bohley (20.000 Mark von Eulenspiegel) und Björn Engholm (40.000 Mark von Titanic) da spontan gejuchzt haben. Doch Menschen mit Stil und Geschmack können sich an diesem ekelerregenden Vorgang nicht erfreuen. Es ist richtig, Zitty und den Karikaturisten OL streng zu bestrafen: zum einen, weil es ihnen nicht gelungen ist, die ausschweifende Obszönität des Focus-Slogans „Fakten, Fakten...“ zu übertreffen; zum anderen, weil sie, und das ist die eigentliche Geschmacklosigkeit, „Markwort“ und „Ficken“ auf eine Stufe stellen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an meine Deutschlehrerin Frau Wielgohs, die im fünften Schuljahr verkündete: „Was der Steffen da zur Kerstin gesagt hat, das ist ein schmutziges Wort für etwas sehr, sehr Schönes.“ Steffen hatte „Woll'n wa ficken?“ gefragt, und Kerstin war 'ne olle Petze.

Inzwischen ist „Ficken“ kein schmutziges Wort mehr. Wer heute jemanden schmähen will, muß schon zu anderen Ausdrucksformen greifen; es müssen ja nicht gleich Grobheiten wie ein „Markwort“ sein. Doch Zitty machte sich nicht die Mühe. Und beschmutzte so einen Vorgang, der vielen Menschen Freude und Entspannung verschafft.

Wie sagte doch der Markwort-Anwalt: „Das Negative bleibt beim Leser hängen.“ Das ist es. Für mich hat Ficken jetzt einen üblen, äh, Beigeschmack. André Mielke