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Schwerstverletztenhumor

■ Reinhard Lettau liest im Literaturhaus aus „Flucht vor Gästen“

Die Zeit bezeichnete ihn als „das Gegenteil von Botho Strauß“. Denn er gehöre einer Tradition deutscher Schriftsteller an, „die immer an den Rand gedrängt blieben, weil sie zu kosmopolitisch, zu radikal, zu leicht, zu ironisch, zu jüdisch, zu gescheit, zu frech, zu aufmüpfig, zu deutlich, zu unglücklich“ waren. Wenn das kein Lob ist! Zu Kopf steigen wird es ihm nicht. Gilt Reinhard Lettau – von keinem anderen ist die Rede – der SZ doch zugleich als „ein Meister der Bescheidenheit“.

Trotz der vielfältigen Aufmerksamkeit, die vor sechs Jahren sein Buch Zur Frage der Himmelsrichtungen erregte, muß der gebürtige Erfurter immer noch als Geheimtip gelten. Zumindest in Hamburg könnte sich das bald ändern. Denn Lettau stellt seinen im vergangenen Herbst im Hanser Verlag erschienenen Roman Flucht vor Gästen im Literaturhaus vor.

Roman? Mit gerade einmal 96 Seiten erreicht das Buch schwerlich eine Dicke, die gemeinhin mit dem Begriff Roman assoziiert wird. Lettau beherrscht dafür die Kunst, verknappt zu schreiben. Wofür andere eine seitenlange Schilderung brauchen, dazu benötigt er drei Sätze. Warum soll man denn beispielsweise auch Überflüssiges etwa wie Überleitungen verfassen?

1967 mußte Lettau Deutschland unter höchst merkwürdigen Umständen verlassen. Erst 1992 ist er zurückgekehrt. So ist aus Flucht vor Gästen ein ironisches bis böses Deutschland-Porträt in Miniaturen geworden. Vieles daran ist lustig, vieles aber auch traurig. Urs Widmer hat in der Zeit den besten Begriff zur Charakterisierung seines Schreibens gefunden: „Schwerstverletztenhumor“. Statt des angekündigten Michael Krüger wird Sibylle Cramer die Einführung in Lettaus Werk übernehmen. drk

Literaturhaus, 20 Uhr

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