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Feuerrote Spielmobile

■ Der Verein Rock City vermietet 2,8-Tonner billig an Hamburger Bands

Wenn Bands auf Reisen gehen, kommt das einem Umzug gleich. Hier muß ein Marshallturm verstaut werden, dort ein Drumkit – und irgendwie müssen die Musiker samt Anhängsel auch Platz finden. Das Problem liegt auf der Hand: Entweder sind rund 230 Mark für den Laster einer bekannten Autovermietung hinzublättern, oder es heißt weiter in der Garage rocken. In einer Stadt, deren Kulturbehörde sich seit einem halben Jahr mit einer Rockbeauftragten brüstet, nicht gerade das Nonplusultra.

Mit nur 0,664 Millionen Mark wird der Bereich Rock/Pop von der Kulturbehörde gefördert. Das ist nicht viel. Damit der Betrag wenigstens sinnvoll angelegt wird, gibt es den Verein Rock City. Peter James, der Geschäftsführer, brachte den Stein ins Rollen: Er überzeugte im Vorjahr die Behörden von der Notwendigkeit zu mehr Mobilität für Hamburger Musiker. Die Rockbeauftragte Riekje Weber tat ihr übriges, und Mitte Dezember standen zwei „feuerrote Spielmobile“ im Wert von 95.000 Mark vor der Tür des seit 1987 bestehenden Vereins. Die beiden Benz-Busse sollen ab sofort Bands aus Hamburg, die bis dato allenfalls Auftritte im privaten Proberaum hinter sich haben, die Möglichkeit zu Gigs außerhalb der eigenen vier Wände geben.

Oft gilt für Newcomer die immer weiter um sich greifende Unsitte von Clubs: „Pay to Play“. Das heißt: Die Bands bekommen kein Geld, sie müssen für den eigenen Auftritt sogar noch bezahlen. Mit den Rock-City-Bussen können die Bands immerhin beim Transport sparen. Für Mitglieder beträgt der Mietpreis für 24 Stunden – inklusive der Vollkaskoversicherung und ohne Kilometeraufpreis – 140 Mark, für nicht bei Rock City organisierte Bands 10 Mark mehr.

„Damit die Wagen nicht total versifft abgegeben werden und wir bei einem Unfall nicht die Geprellten sind, müssen die Musiker 650 Mark als Kaution hinterlegen“, erklärt Peter James. Das Geschenkpaket der Behörde beinhaltet neben den Kosten für die Anschaffung auch die der Versicherung für das erste Jahr. „Für 95 sind wir fein raus“, erzählt James, „aber die Busse müssen mindestens 150 Tage im Jahr auf der Straße sein, damit die Ausgaben gedeckt sind.“

Doch Befürchtungen, die 2,8- Tonner könnten in der Parkbucht verrotten, sind unbegründet. Diverse Hamburger Bands, wie zum Beispiel Erosion, um nicht die Goldenen Zitronen zu erwähnen, wollen den Service nutzen. Sogar aus Berlin kam eine Anfrage. Generell kann jede Band einen Termin erhalten, aber „wenn eine Hamburger und eine auswärtige Band um die Busse konkurrieren, erhält die hiesige Gruppe den Zuschlag“, so James.

Michael Quell

Buchungen der Busse unter Tel. 319 60 60.

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