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Dunkelhäutige Konkurrenz für den Melitta-Mann

■ Fair-Trade-Kongreß in Köln: Kaufleute und Lobbyisten treffen ProduzentInnen

Köln (taz) – „Wir müssen dafür sorgen, daß die Kleinbauern die Dollars aus dem fairen Handel nicht einfach auffressen, sondern damit die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren“, sagt Dimas Machos. Der 35jährige Costaricaner weiß, wovon er spricht. Mit acht Jahren hat er auf Kaffeeplantagen malocht, heute ist er Direktor von Coocafé, einer Dachorganisation von neun Kooperativen, der insgesamt 3.000 Kaffeekleinproduzenten angehören. Das Ziel von Machos Unternehmen ist es, seine Mitglieder bei Vermarktung und Produktentwicklung zu unterstützen und ihnen langfristig einen besseren Lebensstandard zu ermöglichen. Noch vor zehn Jahren waren die Kleinbauern dem Preisdumping der Großkonzerne wehrlos ausgeliefert. Inzwischen ist ein Mitglied von Coocafé stellvertretender Landwirtschaftsminister von Costa Rica.

Die Erfahrungen von Coocafé waren ein Thema auf dem gestern zu Ende gegangenen Fair-Trade- Kongreß in Köln. Drei Tage lang diskutierten Produzentenvertreter wie Machos mit Fachleuten aus dem fairen Handel sowie aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über die Zukunft des alternativen Direkthandels mit der Dritten Welt. In Foren und Vorträgen wurden sozial- und umweltgerechte Produktionsweisen und die Veränderung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen erörtert.

Denn seit Europa näher zusammenrückt, sieht sich der um gerechte Preise bemühte Nord–Süd- Handel vor ernsthafte Probleme gestellt. Zwar verfügt beispielsweise „TransFair Deutschland“ über ein jährliches Handelsvolumen von 85 Millionen Mark. Das ist aber immer noch nur ein Prozent des Gesamtkaffeeaufkommens in Deutschland. In der Hälfte der deutschen Läden werden „TransFair“-Produkte nicht einmal angeboten, weil Tchibo, Jacobs und Co. dies verhindern.

„Die Schwelle Jacobs zu überwinden“, gibt Meinolf Remmert, Geschäftsführer der „Gepa“ (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt) und Vorsitzender des „Fair-Trade- Vereins“, als das langfristige Ziel seiner Organisation an. Zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung hat der Verein den Kongreß organisiert. „Natürlich würde ich ganz gern den doppelten Umsatz machen. Der ist zur Zeit aber nicht in Sicht“, kommentiert Meinert die Marktlage. In den Weltläden boomt zwar das Geschäft und dank Rita Süssmuth schlürft inzwischen auch der Bundestag Kaffee mit dem „TransFair“-Siegel, doch im Einzelhandel hapert es gewaltig. Es sei schwer, sich gegen die Großkonzerne durchzusetzen, die für Regalplätze auch schon mal fünfstellige Summen springen ließen.

Doch daß der Erfolg des fairen Handels langfristig nicht zu stoppen ist, zeigt an den Werbestrategien der Kaffeeriesen. Der Melitta-Mann hat kalte Füße bekommen und setzt auf Folklore. Die Garantin für das besondere Aroma ist in den jüngsten Spots nicht mehr Frau Sommer, sondern eine schwarze Schönheit mit Ring in der Nase. Sich das „TransFair“- Siegel auf die Packung zu pappen, um sich mit den „leidenschaftlichen“ Kleinbauern des Südens zu verbinden, wollte das Tchibo- Management freilich nicht. Noch nicht. Christian Stahl

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