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Nicht lange genug gestillt?

■ Viola Roggenkamp befragte Mütter lesbischer Töchter

Ihrer Psychoanalytikerin hat Viola Roggenkamp die Porträts von Müttern lesbischer Töchter gewidmet: „Von ihr habe ich gelernt, was nicht immer geht: Gefühlen bis in die Tiefe nachzudenken“, schreibt sie. Das ist gut für Viola Roggenkamp. Doch es ist kein Freischein dafür, ihre psychoanalytischen Erfahrung an den sieben Müttern zu erproben, die sie befragte. Die eine ist gerade so alt wie sie selbst, 48 Jahre, die älteste könnte mit 74 Jahren ihre Mutter sein. In den Gesprächen, die Roggenkamp in einer gekonnten und fesselnden Mischung aus Reportage, Interview und literarischem Anspruch aufzeichnet, versucht sie zu erreichen, was sie selbst gelernt hat: Die Frauen sollen Gefühle und Erinnerungen zulassen, die sie bisher verdrängt haben. Doch sie sprechen nur zögerlich über ihre Töchter, dafür um so mehr über ihre Männer, ihr Leben als Frau. Und Viola Roggenkamp zieht ihnen alles aus der Nase, auch so manches, was sie besser für sich behalten hätten. Sie läßt sich alle Klischees und Vorurteile über Mütter lesbischer Töchter bestätigen.

Es grenzt an Seelenstriptease, zu welchen Äußerungen sich die Frauen hinreißen lassen. „Akzeptieren! Ich weiß. Ich akzeptiere es. So habe ich sie nicht geboren! Sie ist so geworden... Auch durch mich. Ich bin ihre Mutter. Weiß Gott. Man hätte vielleicht noch was tun können“, stammelt die 74jährige aus gutbürgerlichem Haus. Der Redefluß gerät zum Stottern, wenn die Mütter über ihre Töchter reden sollen. Keine von ihnen weiß eine Antwort darauf, warum ihre Töchter Frauen lieben. „Habe ich sie nicht lange genug gestillt? Vielleicht ist das der Grund, daß sie mit Frauen zusammenleben möchte“, fällt der 74jährigen Hausfrau ein. Auch lesbisch sein will gelernt sein, behauptet Roggenkamp. Das will sie zeigen. Doch gerade das, warum frau lesbisch wird, geben die Porträts nicht her. Petra Welzel

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