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Kinkel, der Exportfreak

■ Bundestag verabschiedet Resolution zu Tibet

Bonn (taz) – Zwar konnte sich die Mehrheit des Bundestags gestern dazu durchringen, in einer Resolution die Bundesregierung aufzufordern, Peking für die Menschenrechtsverletzungen in Tibet zu kritisieren. Die PDS enthielt sich der Stimme. Trotzdem ließen die Redner von Regierungsparteien und Opposition keine Gelegenheit aus, sich Vorwürfe zu machen. Hartmut Koschyk von der CDU/CSU-Fraktion kritisierte, die Opposition benutze die Resolution, „die Koalition zu erschüttern und Kinkel zu beschädigen“. Volker Neumann (SPD) verdächtigte die Bundesregierung, China über den Wortlaut der Resolution informiert zu haben. In ihrer „Willfährigkeit“ mache sie sich „zum langen Arm“ der Chinesen. Außenminister Klaus Kinkel stimmte zwar für die Resolution, hielt aber an seiner China-Politik fest. „Ich muß daran denken, daß jeder dritte Arbeitsplatz in der Industrie vom Export abhängt. Dafür brauche ich mich nicht zu entschuldigen, und dafür werde ich mich nicht entschuldigen.“

Die Resolution prangert die „unmenschlichen Militäraktionen“ seit dem Einmarsch Chinas in Tibet im Jahr 1950 an sowie die „fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen“ gegenüber der tibetischen Bevölkerung.

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sprach von einer „groben Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“. Die Normen für den Umgang in internationalen Beziehungen würden „offen mit Füßen getreten“. Der Sprecher drohte damit, daß die Resolution den chinesisch- deutschen Beziehungen und „grundlegenden und langfristigen Interessen Deutschlands“ schaden werde. Beobachter vermuten, daß der geplante Besuch Kinkels in Peking am 11. Juli gefährdet ist. Otto Graf Lambsdorff wies für die FDP die Vorwürfe als „schiere Propaganda“ zurück. Markus Franz

Hintergrund Seiten 16 und 17

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