Kommentar
: Bespitzelung

■ Kripo wollte auf Pressekonferenz

Die Journalisten staunten gestern nicht schlecht, als plötzlich zwei Kripo-Beamte in Zivil an der Pressekonferenz des Anti-Rassismusbüros teilnehmen wollten – „so zur allgemeinen Information“. Das hatte noch keiner der anwesenden Journalisten erlebt. „Doch, einmal“, erinnerte sich plötzlich ein Kollege, „in der Türkei“.

Bremen ist nicht die Türkei. In Bremen haben Polizisten auf Pressekonferenzen nichts zu suchen. Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Pressefreiheit. Journalisten sollen ihre „öffentliche Aufgabe“ ungehindert wahrnehmen können – und zwar ohne daß ihnen die Polizei bei den Recherchen und Informationsgesprächen über die Schulter blickt. Pressekonferenzen sind keine öffentlichen Veranstaltungen. Hier kommen z.B. Betroffene zu Wort, die anonym bleiben möchten. Für sie gilt der Informantenschutz. Auf Pressekonferenzen bekommen Journalisten mitunter Informationen, die vertraulich sind. Das weiß auch Polizeipräsident Rolf Lüken: „Die Pressefreiheit ist unumgänglich und erforderlich in einem demokratischen Gemeinwesen“, sagte er im Januar gegenüber der taz.

Daß dennoch zwei Kripo-Beamte mit seinem Segen auf einer Pressekonferenz auftauchen, erweist seine Aussage als Lippenbekenntnis. Und daß die Bremer Polizei Informationen aus Gesprächen mit Journalisten in ihre Ermittlungsakten aufnehmen will, ist schlicht Bespitzelung. Kerstin Schneider