: Rasenmäher wird eingespart
■ Vor den Beratungen zum Sparhaushalt 97 will der Senat mit Arbeitsgruppen die Hoheitsaufgaben festlegen. Im jetzigen Haushalt fehlen 1,5 Milliarden Mark
Not macht erfinderisch: Mit vier Arbeitsgruppen will sich der Senat diesmal schon vor der Sparklausur im Herbst auf den Haushalt 97 vorbereiten. Es gehe darum, so der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) gestern, die „Kernaufgaben staatlicher Leistungen“ zu definieren. Im nächsten Jahr steht Berlin vor härtesten Haushaltseinschnitten: rund elf Milliarden Mark sind ungedeckt.
In seiner gestrigen Sitzung einigte sich der Senat darauf, sich auf folgende Bereiche zu konzentrieren und dazu Arbeitsgruppen zu bilden: Entwicklung der Stadt Berlin, Soziale Grundversorgung, Innere Sicherheit und Personal.
Mit dem Rasenmäherprinzip seien die Haushaltsprobleme in der Zukunft nicht mehr lösbar, würdigte Diepgen das neue Arbeitsprinzip. Prioritäten müßten gesetzt werden. Das Prinzip faßte er in folgendem Leitsatz zusammen: „Alle Entscheidungen werden unter dem Aspekt des sozialen Friedens überprüft und gegebenenfalls korrigiert“.
Das Sparvolumen von rund elf Milliarden Mark sei nur noch durch strukturelle Entscheidungen zu erbringen, erklärte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Als Beispiele nannte sie die Lern- und Lehrmittelfreiheit oder die jährlich mit rund zwei Milliarden Mark gestützte Wohnungsbauförderung. Es müsse geprüft werden, ob und in welcher Form derartige Leistungen noch finanziert werden können. Als „persönliche Vorschläge“ wollte Diepgen die Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre oder die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Hochschullehrer verstanden wissen.
Um einen Teil des elf Milliarden-Lochs zu stopfen, will der Senat im kommenden Jahr mehr Landesvermögen veräußern – rund drei Milliarden Mark. Ziel des Senats bleibe aber ein „Nullwachstum des Haushalts“, so Fugmann-Heesing. Das Volumen des diesjährigen Haushalts beträgt 42,3 Milliarden Mark.
Im Gegensatz zu ihrem Amtsvorgänger Elmar Pieroth (CDU) will die Finanzsenatorin schon vor der Sparklausur im Herbst auf Chefebene mit allen Ressorts sprechen, um Konflikte im voraus zu lösen. In den vergangenen Sparklausuren war regelmäßig um Einzeletats gefeilscht worden.
Unklar blieb auf der gestrigen Senatssitzung allerdings die Zwischenbilanz der bisherigen Sparbemühungen. Noch müssen 1,5 Milliarden in diesem Jahr erbracht werden. Dies sei ein „Haushaltsrisiko“, aber keine dramatische Situation, gab sich Fugmann-Heesing optimistisch.
Mehrere Ressorts, darunter Bauen, Umwelt, Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft, haben aber schon Mehraufwendungen angemeldet. Zusätzliche Ausgaben müßten mit Deckungsvorschlägen an anderer Stelle verbunden werden, so Fugmann-Heesing. Ein Thema in der gestrigen Senatssitzung war auch die vom parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Volker Liepelt, ins Spiel gebrachte Erhöhung der Nettoneuverschuldung. Am Ende habe aber Konsens darüber geherrscht, die Neuverschuldung 1997 wie geplant um 650 Millionen auf 5,45 Milliarden Mark herunterzufahren, so die Finanzsenatorin. Severin Weiland
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