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Landlose als Mörder?

■ Besetzer einer brasilianischen Farm sollen Angestellte erschossen haben

Rio de Janeiro (taz) – Befinden sich unter den Mitgliedern der brasilianischen Landlosenbewegung „Movimento dos Sem Terra“ (MST) Mörder? Nach dem Zusammenstoß zwischen Landarbeitern und Besetzern auf einer Farm im Bundesstaat Maranhao im Nordosten Brasiliens Anfang des Monats lastet dieser Verdacht auf der Bewegung. Bei dem Konflikt wurden drei Angestellte der Farm erschossen, sieben weitere gelten als vermißt. Die MST-Führung bestreitet die Beteiligung an dem Blutvergießen.

Nach Schilderungen des Verwalters der Farm, die einem Holzkonzern gehört, wurden die Arbeiter von den Besetzern erschossen. Die Leichen seien verbrannt worden. Vertreter der Landlosenbewegung gaben das Gegenteil zu Protokoll: Ihre Mitglieder hätten den Acker bestellt, als sie von fünf Wächtern der Farm umzingelt worden seien. Zwei der Besetzer seien daraufhin geflüchtet, ein anderer erschossen worden.

Brasiliens Agrarminister Raul Jungman wundert sich sowohl über den Zeitpunkt als auch die Art der Besetzung. „Die Farm ist dabei, enteignet zu werden und die Landlosen hatten bereits eingewilligt, das Grundstück bis zum Abschluß des Prozesses friedlich zu verlassen“, erklärte der Minister. Außerdem fiel ihm auf, daß die Invasoren diesmal nicht die für die MST-Besetzungen typischen Zeltlager aus schwarzer Plastikplane aufgebaut hatten.

Brasiliens Landlosenbewegung versicherte der Gouverneurin von Maranhao, Roseana Sarney, nicht für die Besetzung der Farm verantwortlich zu sein. „Mit dieser Art von Gewalt wollen die Großgrundbesitzer unsere Bewegung schwächen“, meint MST-Anführer José Rainha. Vertreter der katholischen Landpastorale hegen Zweifel an beiden Versionen. „Es ist äußerst schwierig, 600 aufgebrachte Familien zu kontrollieren“, erklärte Pater Francisco das Chagas Pereira. Im Landwirtschaftsministerium in der Hauptstadt Brasilia hingegen kursiert das Gerücht, die Besetzung sei auf einen Machtkampf innerhalb der Landlosen- Bewegung zurückzuführen.

Der Vorfall ereignete sich genau zwei Monate nach dem Massaker im Bundesstaat Para, wo Militärpolizisten 19 Landlose erschossen. Paras Gouverneur Almir Gabriel, der die Räumung einer Bundesstraße angeordnet hatte, auf der rund 1.500 Familien gegen die schleppend vorankommende Agrarreform demonstrierten, wurde von der Justiz von jeglicher Verantwortung freigesprochen. Der für die Räumung verantwortliche Oberst Marcos Pantoja geht nach dreißig Tagen Hausarrest wieder normal seinem Dienst nach. Astrid Prange

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