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Kohl wies Kritik Chinas an Tibet-Resolution zurück

■ In der aktuellen Stunde des Bundestags erneuerten alle Parteien ihre Kritik an Menschenrechtsverletzungen in China. Kohl: Parlament unterliegt nicht der Zensur

Bonn (taz) – Bei der gestrigen aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages über „die Ausladung des Bundesaußenministers durch die Volksrepublik China“ gab es viel Rauch um wenig. Alle Parteien waren sich einig in ihrer Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in China und der Ausladung des deutschen Außenministers. Dennoch versuchte jede Partei, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Während die Oppositionsparteien die inkonsequente Haltung der Bundesregierung in der China-Politik kritisierten und gegen Außenminister Klaus Kinkel stichelten, verurteilten die Koalitionsparteien die Beantragung der aktuellen Stunde als bloßen Versuch, die Bundesregierung und insbesondere Bundesaußenminister Kinkel in Mißkredit zu bringen.

Bundeskanzler Helmut Kohl stellte sich deutlich hinter die Resolution des Bundestages. Er verwahre sich dagegen, daß China die Entschließung des Deutschen Bundestages als Einmischung in innere Angelegenheiten kritisiere. Es „ist das selbstverständliche Recht des Bundestages“, zur Lage der Menschenrechte in einem anderen Land Stellung zu nehmen. „Das deutsche Parlament unterliegt keiner Zensur“. Kohl erklärte sich noch einmal solidarisch mit dem Außenminister. Dieser habe die Politik der Bundesregierung „mit persönlichem Engagement“ verfolgt. Da strahlte Klaus Kinkel, ergriff aber nicht das Wort.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Günter Verheugen, stellte anschließend Gemeinsamkeiten fest. „Damit, was der Bundeskanzler zur Grundhaltung der China-Politik gesagt hat, kann man sich einverstanden erklären.“ Es frage sich nur: „Wieso hat die Bundesregierung nicht all die Jahre danach gehandelt?“ Kohl und Kinkel hätten sich in der Vergangenheit so verhalten, daß es zwangsläufig zu Fehleinschätzungen in Peking gekommen sei. Wenn der Vorwurf von der FDP komme, SPD und Grüne versuchten die China-Politik als Kritik am Außenminister zu instrumentalisieren, könne er nur sagen: „Es sind Ihre Leute, die in Bonn herumlaufen und sagen, Kinkel ist nicht mehr tragbar.“ In dieselbe Kerbe schlug auch der Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Joschka Fischer. Kinkel sei jetzt schon zweimal gescheitert. Einmal bei der Einladung des iranischen Außenministers Welajati und nun in der Tibet-Frage. In beiden Fällen habe Kinkel den Eindruck vermittelt, daß diplomatische Rücksichtnahmen schwerer zu wiegen hätten als Menschenrechte. Es sei aber ein Irrtum zu glauben, daß eine friedliche Entwicklung in China möglich sei, wenn die Bundesrepublik lediglich auf wirtschaftliche Interessen setze. „Wenn es Aufträge kostet, Menschenrechte einzufordern, dann kostet es eben Aufträge.“ Markus Franz

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