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Liberalisierung des spanischen Telefonmarktes

■ Telefónica mit Panamerika-Netz auf dem Weg zum Megacarrier

Jetzt hat es auch die spanische Telefongesellschaft erwischt. Telefónica bekommt Konkurrenz. Eine Maßnahme, „um den spanischen Unternehmen eine gute Startposition bei der vollständigen Liberalisierung des europäischen Fernmeldemarktes 1998 zu verschaffen“, so die Regierung José Maria Aznars. Der neue Mitbewerber beim Geschäft mit der Stimme heißt Retevisión – auch er ein Staatsmonopolist zur Übermittlung von Fernsehsignalen sowohl der öffentlichen als auch der privaten Sender im Lande. In einem nächsten Schritt sollen beide Unternehmen privatisiert werden.

Damit verfährt Aznar von der Partido Popular genauso wie bereits sein sozialistischer Vorgänger Felipe González: Liberalisierung ja, aber kontrolliert und unter staatlicher Aufsicht, eine Politik, die Aznar einst von der Oppositionsbank aus scharf kritisierte.

Um als vollwertiger Anbieter auf dem spanischen Telefonmarkt aufzutreten, muß Retevisión allerdings mindestens 3,5 Milliarden Mark investieren. Eine interne Studie zeigt, daß Retevisión ab 1998 nicht viel mehr als ein Prozent des Geschäftes übernehmen wird. Telefónica verbuchte alleine im letzten Geschäftsjahr 1,6 Milliarden Mark als Nettogewinn.

Telefónica zählt heute 25 Millionen Anschlüsse bis hin zum Kabelfernsehen sein eigen, in einem Gebiet mit 250 Millionen Einwohnern. 60 Prozent entfallen auf Spanien, der Rest auf Rumänien, Portugal und vor allem auf die spanischsprachigen Länder Südamerikas und Puerto Rico. Der Gang ins Ausland hat Telefónica im letzten Jahr 23 Prozent des Gesamtgewinnes eingebracht – Tendenz steigend. Der lateinamerikanische Markt mit seinem Nachholbedarf ließ Telefónica zum wichtigsten multinationalen Unternehmen Spaniens aufsteigen.

Anfang der Woche stellte Telefónica in Rio de Janeiro ihr ehrgeizigstes Projekt vor: das Panamerikanische Netz. Peru, Chile und Argentinien werden direkt an Spanien angebunden. Ziel: ein Megacarrier von Mexiko bis Feuerland.

Auch auf den US-Markt stößt Telefónica vor. TLD, das Tochterunternehmen auf der zu den USA gehörenden Karibikinsel Puerto Rico, erhielt letztes Jahr von den US-Aufsichtsbehörden die Erlaubnis, vom gesamten Staatsgebiet aus Gespräche abzuwickeln. Neben den Datenhighways, die Telefónica bereits unter dem Namen Infonet in den USA betreibt, ein weiterer wichtiger Sektor.

France Télécom, und damit auch deren Verbund „Phoenix“ mit der Deutschen Telekom und Sprint aus den USA, hat bereits ihr Interesse an 30 Prozent der Retevisión-Aktien angekündigt. Damit wollen sie einen Fuß in den expandierenden Telefónica-Markt bekommen. Reiner Wandler

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