: Biete Windmühle für dreckigen Schlot
Greenpeace muß für die Bemalung eines Kraftwerkschornsteins zahlen. Umweltorganisation versucht eigenwillige Schadensregelung. Das Urteil könnte andere Kläger anregen ■ Aus Amsterdam Falk Madeja
Greenpeace ist kürzlich zum ersten Mal in den Niederlanden verurteilt worden, Schadensersatz für eine Aktion zu bezahlen. Im April vorigen Jahres hatten die Umweltschützer einen Schornstein der Hemwegcentrale, einem von der Firma UNA 80 betriebenen Kohlekraftwerk am Rande Amsterdams, mit „Stop CO2“ bepinselt. Der Kraftwerksbetreiber klagte, bekam Recht und einen Schadensersatz von 80.000 Gulden (zirka 72.000 Mark) zugesprochen.
Greenpeace wollte aber aus Prinzip kein Geld an einen CO2- Großproduzenten überweisen. Deshalb tauchten die Ökoaktivisten vor den Toren des Kraftwerkes mit einem Troß Journalisten und einer Windmühle im Wert von 200.000 Gulden (zirka 180.000 Mark) auf, die sie dem Energiehersteller übergeben wollten. Ein Greenpeace-Sprecher warb, das Geschenk sei ideal für den Energieproduzenten – damit sei Strom ohne Kohlendioxid erzeugt werden. Außerdem habe sich die Windmühle in 20 Jahren nicht allein amortisiert, sondern werfe dann einen geschätzten Gewinn von 80.000 Gulden (zirka 72.000 Mark) ab. Obwohl das Kraftwerk somit viel Gewinn gemacht hätte, verweigerte Direktor Janssens die Annahme des Gerätes. Es könne nicht angehen, daß die vor Gericht unterlegene Seite bestimmt, wie der Schaden bezahlt werde.
Für Greenpeace hat das Urteil grundsätzliche Bedeutung. Die Organisation muß befürchten, das auch andere von ihr angegriffene Firmen nunmehr die juristische Auseinandersetzung suchen. So hätte vielleicht sogar Shell keine schlechten Chancen, wegen der Falschaussagen von Greenpeace über den Inhalt der Brent Spar Schadensersatz zu bekommen.
Norwegen, vor einigen Jahren von Greenpeace zum Opfer eines bis heute nicht abgesagten Totalboykotts auserkoren – wegen des Walfangs solle man weder nach Norwegen in den Urlaub fahren noch Produkte aus dem skandinavischen Land kaufen – könnte ebenfalls klagen. Obwohl Greenpeace-Chef Thilo Bode vor einem Jahr bei einer Pressekonferenz in Amsterdam erklärt hatte, der Boykott eines ganzen Landes entspreche nicht der Greenpeace-Philosophie, ist der Aufruf bis heute nicht offiziell abgesagt. Inzwischen haben Exmitarbeiter von Greenpeace erklärt, daß Greenpeace den Boykott nicht wegen der Haltung norwegischer Politiker oder Walfänger, sondern zur Überspielung interner Konflikte ausgerufen hatte.
Der Anti-Walfang-Kampf ist einer der wichtigsten Gründe, warum die Leute aus den Hauptspenderländern Deutschland, Österreich und Niederlande Geld an die Organisation überweisen. Greenpeace hat das internen Unterlagen zufolge selbst in Umfragen ermittelt.
„Greenpeace International“ hat sich vor allem deshalb in Amsterdam angesiedelt, weil das niederländische Recht Stiftungen besonders gut schützt. Somit ist Greenpeace bislang relativ gut von Schadensersatzforderungen verschont geblieben. Das neue Grundsatzurteil könnte aber eine Wende bedeuten. Greenpeace stehen eventuell eine Menge neuer Klagen ins Haus.
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