Das Unternehmen Universität

haben sich gestern erneut gegen Studiengebühren ausgesprochen. Trotz der wirtschaftlich angespannten Situation überwiegen ihre Bedenken – die Universitäten seien finanziell und die Studenten sozial nicht abgesichert. Nach Plänen der Befürworter sollen die Studenten künftig pro Semester 1.000 Mark zahlen. Dadurch würden gut drei Milliarden Mark Einnahmen erzielt. Experten schätzen den ungedeckten Geldbedarf der Unis auf neun Milliarden

Mark. Von Christian Füller

Das Unternehmen Universität

Studenten als Kunden? Die Vorstellung, Zöglinge deutscher Hochschulen sollten fürs Studium bezahlen, blockiert die bildungspolitische Debatte: Wirtschaftskapitäne und Uni-Kanzler bekommen beim Thema Studiengebühren leuchtende Augen – sie träumen vom „Unternehmen Universität“. Studentenvertreter haben Schaum vorm Mund. Studiengebühren wirken wie ein sozialer Numerus clausus, schimpfen sie: Das Seminargeld versperre sozial Schwachen den Weg in die heruntergekommenen Elfenbeintürme.

Richtig in der Klemme sitzen beim Thema Studiengebühren hingegen die Rektoren und Präsidenten der 240 Hochschulen. Das hat auch die gestrige Debatte im hermetisch abgeriegelten Roten Rathaus Berlins gezeigt. Die beiden Rektorinnen und ihre vielen Kollegen riefen der Politik erneut ein „Nein, aber“ entgegen: Nein, wir wollen keine Studiengebühren. Aber wenn ihr die Universitäten finanziell und die StudentInnen sozial absichert, können wir drüber reden. So offen wie diesmal haben die Magnifizenzen das Streitthema nie diskutiert, hieß es.

Die Rektoren halten einerseits beinahe trotzig am Bildungsideal der 70er Jahre fest. Die legendäre „Öffnung der Hochschulen“ wollen auch konservative Magnifizenzen nicht ohne weiteres verraten. „Ich halte Studiengebühren politisch für nicht akzeptabel“, sagte etwa die Rektorin der Uni Stuttgart, Heide Ziegler. Andererseits sehen die Uni-Chefs ihre Etats kleiner und kleiner werden. Die Länderminister für Kultur und Wissenschaft knapsen am Personal und am Budget – das trifft vor allem den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Bibliotheken. Und der Bund weigert sich beharrlich, mehr für den Hochschulausbau auszugeben. Im druckfrischen Entwurf für den Bundeshaushalt wird auch das bedeutungsschwangere „Zukunftsministerium“ von Jürgen Rüttgers nicht geschont. Deutschland wird in Sachen Bildung unter den OECD-Staaten die rote Laterne auch weiterhin fest in der Hand halten: Kein großes Industrieland gibt, gemessen am Bruttosozialprodukt, weniger für Bildung aus.

Die Kernfrage der Gebührendiskussion richtete sich in dem von einer handvoll StudentInnen belagerten Roten Rathaus nach der Gegenleistung des Staates für Studiengebühren: Ein volles Stipendium für alle Studis? Prall gefüllte Uni-Kassen? Wettbewerb unter den Hochschulen?

Die Rektoren haben Angst vorm schwarzen Haushaltsloch. Sie befürchten, daß die Studiengebühren, wenn sie erst mal da sind, sogleich zur Deckung der notorisch defizitären Länderetats mißbraucht werden. Berlin gibt das Beispiel dafür her. Die Finanzsenatorin der Stadt, Annette Fugmann-Heesing (SPD), zieht den Unis die kürzlich beschlossene Einschreibegebühr von 100 Mark schon im voraus vom Staatszuschuß ab.

Auch ein Ja zu Studiengebühren durch die Rektoren hätte an den Fakten zunächst nichts geändert. Ob Studieren Geld kostet, entscheiden immer noch die Länder. Und dort werden, von den Begehrlichkeiten manches Finanzministers abgesehen, Studiengebühren einhellig abgelehnt: Da stehen sogar NRW-Sozis und die bayerische CSU Seite an Seite.

„Wir legen doch dem Staat nicht den Ball auf den Elfmeterpunkt“, erläuterte ein Teilnehmer am Rande der Konferenz das Nein der Rektoren. Aber auch zu einem politischen Gegenschlag haben die Rektoren nicht ausgeholt. Da nutzte auch die Einflüsterung eines Asta-Vertreters der TU Berlin nichts, der den Rektoren am Montag abend einen regelrechten Putsch vorgeschlagen hatte: im nächsten Semester niemanden zu immatrikulieren. Das wäre der totale Numerus clausus – aus Protest gegen die notorische Unterfinanzierung der Unis.