: Ein Haushalt, der die Millionen Arbeitslosen vergißt
Bonn (taz) – Das Bundesarbeitsministerium teilte mit: „Der Haushaltsentwurf weist für das nächste Jahr ein Volumen von 118,8 Miliarden Mark gegenüber 128,8 Milliarden Mark in diesem Jahr aus. Der Rückgang ist vor allem auch das erfreuliche Resultat einer verbesserten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation, die geringere Aufwendungen für die Folgen von Arbeitslosigkeit hat.“ Das war am 5. Juli 1995.
Mittlerweile sieht die Realität anders aus. 3,7 Millionen Menschen sind arbeitslos. Der Bundesanstalt für Arbeit (BA) entstehen durch eine Million Arbeitslose etwa 21 Milliarden Mark Kosten. Dennoch hat der Haushaltsentwurf 1997 für den Etat Arbeit und Soziales nur ein Volumen von 122,1 Milliarden Mark (gegenüber 128,8 Milliarden 1995). 87 Milliarden davon entfallen auf die Sozialversicherungen, 22 Milliarden auf die Arbeitsförderung, 11,8 Milliarden auf die Kriegsopferfürsorge.
Zuschüsse an die BA sind nicht vorgesehen. Da setzt die Koalition auf ihr Sparprogramm. Etwa um eine Milliarde Mark sollen die Ausgaben für Arbeitslose infolge des eingeplanten wachsenden Arbeitsmarktes sinken. Einsparungen bei AB-Maßnahmen, Frühverrentungen und Reha- Leistungen sollen weitere 8 Milliarden bringen.
Am meisten wird bei der Rentenversicherung gespart: 11,7 Milliarden durch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die Reduzierung von Kuren. Die Koalition geht davon aus, daß der Rentenversicherungsbeitrag um 0,6 Prozent sinken wird. Der SPD-Rentenexperte Rudolf Dreßler geht dagegen von einem Rentendefizit bis Ende des Jahres in Höhe von 8 Milliarden Mark aus. Demzufolge müßte der Beitragssatz für die Rentenversicherung von jetzt 19,2 Prozent um 0,6 Prozent heraufgesetzt werden. Markus Franz
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