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Nicht vergessen! Von Klaudia Brunst

Diesmal freuen wir uns besonders auf unsere Ferien in Dänemark. Weil Dieter nun endgültig erklärt hat, mit uns, meinem schwulen Freund und unserer ganzen unpolitischen Grundhaltung für immer fertig zu sein und lieber auf ein SVD-Workkamp ins Waldschlößchen fährt. Und weil unsere Nachbarin seinen Platz eingenommen hat, mit der wir sowieso viel lieber Karten spielen als mit Dieter.

„Apropos Kartenspielen“, meinte meine Freundin neulich, als wir uns zusammengesetzt hatten, um die letzten Reisevorbereitungen durchzusprechen. „Nehmen wir jetzt nur die Doppelkopfkarten mit oder auch das Romméspiel?“ „Wenn man dem Wetterbericht glaubt, sollten auch noch ein Skatspiel, die Patiencenkarten und das Trivial Pursuit mitnehmen“, meinte ich mit einem zweifelnden Blick auf den Dauerregen hinter unseren Fensterscheiben. „Meint ihr, wir müssen dieses Jahr auch Gummistiefel einpacken?“

„Also, so geht das nicht“, unterbrach mein schwuler Freund meine Überlegungen, und versuchte etwas System in die Koordination zu bringen. „Wir müssen der Reihe nach vorgehen. Sonst vergessen wir am Ende die Hälfte. Fangen wir mal mit den wichtigsten Haushaltsachen für die Küche an.“ „Gute Idee!“ übernahm da unsere Nachbarin unerwartet forsch das Regiment. „Ich habe mich schon mal hingesetzt und eine kleine Liste gemacht.“ Und dann las sie uns vor: „Drei Geschirrhandtücher, einen Scotchbrit, eine Spülbürste für das Gemüse, eine für den Abwasch. Ich denke, damit kommen wir hin. Dann dürfen wir nicht den Goldfilter für die Kaffeemaschine vergessen und die dazugehörigen Filtertüten. Nehmt Ihr den Kaffee von Mövenpick oder nur den Dallmayr Prodomo mit? Ich wäre ja für Mövenpick. Ist gerade bei Karstadt im Angebot. 12,99, das Pfund. Eine Teflonpfanne, drei Kasserollen, den Dampfdrucktopf, das Salatsieb und die Espressokanne von Klaudia. Wer nimmt den Messerblock mit? Na ja, das können wir ja später noch klären. Erst mal weiter: Ganz wichtig! Korkenzieher, Sektverschluß und Champagnerkühler. Die chinesische Teekanne und den Wasserfilter und Ersatzpatronen. Kandis, Zucker, Salz, Pfeffermühle und die ganzen Gewürze, die man so zum Kochen braucht. Ihr wißt schon, das ist ja eh klar. Bei der Muskatreibe war ich mir nicht sicher. Hat jemand hier in der Runde was gegen Muskat? Nein. Gut, dann schreib ich das auf die Liste. Jetzt zu den Backutensilien. Haben wir in dem Häuschen einen Umluftherd oder eine Mikrowelle? Eine Souffléform sollten wir so oder so mitnehmen. Da kann man dann zur Not auch Aufläufe drin machen. Und dann natürlich die Tupperware- Töpfchen, für die Reste vom Vortag. Habe ich noch was vergessen?“

Als wir völlig konsterniert den Kopf schüttelten, lehnte sich unser Nachbarin befriedigt zurück. Mein schwuler Freund fing sich als erster. „Ich dachte immer, du kannst gar nicht kochen?“ sprach er aus, was wir alle dachten. „Stimmt!“ entgegnete unsere Nachbarin irritiert. „Ich dachte, es wäre klar, daß ihr das Catering übernehmt? Ich kümmere mich dafür dafür gerne um den Abwasch.“ Ich bin sicher, daß sie in Wirklichkeit längst wußte, daß wir in diesem Jahr ein Haus mit fünf Sternen und Spülmaschine gebucht haben.

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