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Optische Konferenzschaltung

■ Hier ist nichts dem Zufall oder der Eingebung überlassen worden: Ute Pleugers „Serielle Räume“ im Werkbund-Archiv

Wer vor Ute Pleugers vier Meter breitem Ölbild „Krankenhaus“ (1994) steht, wird seine Probleme mit der Zentralperspektive haben – sie existiert nicht. Aus den Elementen Fensterrahmen plus Neonleuchten setzt sich ein Bild zusammen, dessen sparsam graugrüngelbe Farbigkeit eher aus der Leinwand herauszuschimmern scheint als tatsächlich aufgetragen zu sein. Die Hausfassade mit rund dreißig kahlen Fensterrechtecken zeigt jedes aus einem anderen Blickwinkel. Wie eine optische Konferenzschaltung angelegt, funktioniert das Bild als kinetisches Standbild – so, als würdest du vorbeigehen und gleichzeitig stehenbleiben.

Pleuger, die als klassisch geschulte Orgelspielerin eine Schwäche für die subtile Konstruktion einer Fuge hat, ist eine Asketin bei der Konzeption ihrer malerischen Arbeit. Alles „Üppige“, wie pastose Pinselstriche oder suggestive Farbigkeit, indiziert sie als „kulinarisch“. Sinnlich auf den ersten Blick sind die meist ungerahmten und als scheinbar zufällige Ausschnitte inszenierten Gouachen und Ölbilder sicher nicht. Allerdings vermitteln die bevorzugt in Sepiatönen, Grau und Schwarz kolorierten Malereien eine räumliche Tiefe und introspektive Dimension, die an Porträts erinnern. Unter Titeln wie „Häuser am Hang“, „Nischen“ oder „Heimat“ ist das Motiv der Bilder, die in Wiederholungen strukturierte Außenansicht menschenleerer Gebäude.

Das Ausstellungsmotto „Serielle Räume“ wird besonders von einer Handvoll Linoldrucke illustriert. In äußerster Sparsamkeit hat die Künstlerin hier rasterartig auf Fensterlöcher reduzierte Fassaden als eine Art strenges Muster auf Packpapier gedruckt. Durch die versetzte Plazierung des immer gleichen Motivs und das Weglassen erklärender Schatten oder Linien entsteht eine angedeutete Räumlichkeit. Bequem reproduzierbar tragen diese Arbeiten denn auch den Titel „Stempelbilder“.

„Ich möchte Bilder machen, die leise sind und die ohne Suggestion auskommen“, erklärt Ute Pleuger. Angeregt von einem Studienaufenthalt in Paris Mitte der achtziger Jahre, als Neoexpressionismus und Junge Wilde den Kunstmarkt hierzulande dominierten, entstand ihr Konzept, „eine Art Raum zu erzeugen, der eigentlich ein Nicht- raum ist, der einen im Grunde beziehungslos läßt und zu dem der Betrachter seinen Standpunkt selber finden muß“.

Die meisten der jetzt im Werkbund-Archiv ausgestellten Arbeiten sind in den letzten zehn Jahren entstanden, einzelne datieren bereits von Anfang der Achtziger. Pleuger, die an der Berliner Hochschule der Künste studierte, entwickelte ihren Stil fernab von Moden oder aktuellen Kunstströmungen. „Dieses ,Einmal kurz gefühlt und dann losgemalt‘ ist nicht meine Sache“, sagt sie. Hier ist nichts Spekulatives, nichts dem Zufall oder momentaner Eingebung überlassen.

Das sei dann wie bei der wirklich berühmten Fuge: Erst ab einem bestimmten konzeptuellen Niveau, nach längerer gedanklicher Planung entstehen die Bilder, um dann ohne langes Rumprobieren Gestalt anzunehmen. Genau umgekehrt verhält es sich beim Betrachten der Häuserfluchten und akkurat konstruierten Hochhausansichten, das Motiv wird mit der Zeit gegenstandslos, abstrakt wie ein Vexierbild. Dann erst steigt man hinter die formalen „Fassaden“ dieser Bilder. Gudrun Holz

Ute Pleuger: „Serielle Räume“, noch bis 28.7., Di.–So. 10–20 Uhr, Werkbund-Archiv im Martin- Gropius-Bau, Stresemannstraße 110, Kreuzberg

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