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■ Der Friedensprozeß in Nordirland ist vorerst am EndeVieles erinnert an Derry 1969

Recht hat er, Irlands Kardinal Daly: „Dies ist ein schwarzer Tag für Nordirland. Der Staat hat vor gesetzloser Gewalt kapituliert.“ Und zwar höchst einseitig. Während die britische Regierung in den letzten Wochen dem irisch-republikanischen Lager gebetsmühlenartig klarzumachen versuchte, daß sie sich „keiner Gewalt“ beugen werde, und damit die Teilnahme Sinn Féins an den „Allparteiengesprächen“ abblockte, brauchte sie nur fünf Tage, um gegenüber den Unionisten umzufallen. Die Tories in London – ihr offizieller Name: „Konservative und Unionistische Partei“ – haben damit den Katholiken Nordirlands signalisiert, daß diese auch weiterhin Bürger zweiter Klasse sind.

Und die erinnern sich sehr gut daran, was auf den protestantischen Sieg im „Battle of the Boyne“ 1690 folgte, der dieser Tage so provokativ zelebriert wird: das Verbot ihrer Sprache und Religion. Bis heute werden sie in der Arbeitswelt diskriminiert und im Bedarfsfall auch schon mal aus „gemischten“ Wohngebieten vertrieben. Sie empfinden das als nordirische Spielart der Apartheid, und genau das ist die Wurzel des Konflikts.

Auch auf der politischen Ebene hat der britische Premierminister damit den so hoffnungsvoll gestarteten Friedensprozeß in Nordirland erst einmal begraben. Mehr noch, John Major hat genau das getan, wovor kluge Politiker wie der katholische Sozialdemokrat John Hume immer gewarnt haben: Er hat erst die Paranoia der Protestanten bestärkt, daß „alle gegen uns sind“ und London die Untertanen der Krone in Ulster im Notfall „verraten“ wird, und er hat ihnen dann durch das Nachgeben am Donnerstag bestätigt, daß nur Gewalt Ergebnisse bringt. Das dürfte auch die IRA mit Interesse registrieren.

Vielleicht sind wieder 25 Jahre bis zu einem neuen Versuch nötig, die Nordirland-Frage zu beantworten. Die Szenerie im Moment erinnert jedenfalls sehr an Derry 1969, als die „Troubles“ begannen. Thomas Ruttig

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