Zollfreie Löwen

■ Immer sonntags: erzählerisches Kinderstück im Hafen

Ein Idyll in der völlig stillen Speicherstadt. Eine kleine Bühne thront hoch auf der Kante über dem Brooksfleet, die obligaten Möwen kreisen vor den umstehenden Backsteinfronten. Und mit dem ersten Celloklang schieben sich die Wolken beiseite. Sonntagnachmittag. Ein Dutzend Erwachsene und eine Handvoll Kinder erwarten in intimem Halbrund eine Uraufführung. „Erstmals überhaupt gibt es im Freihafen Kindertheater“, sagt der Initiator Michael Batz. Da, wo sonst sein Hamburger Jedermann läuft, erschallt nun nachmittags die musikalische Abenteuergeschichte Ein Freund für Löwe Boltan.

Ein wunderbarer Rahmen für das Märchen aus der Wüste. Der freie Himmel, die feiertägliche Ruhe, alles unterstützt den eindringlichen Erzählton von Erik Schäffler, der hier sonst im Hamburger Jedermann den Teufel spielt. Im Duett mit Uwe Schades Cello und auf dem Saxophon erzählt er von Boltan. Weil alle anderen Tiere vor ihm kuschen, schließt der eine ungleiche Freundschaft mit Kamel Murat, das Uwe Schade mit zwei, drei sanften Wimpernschlägen und intensiven Klängen erstehen läßt.

Fast schafft Wüstenfuchs Abdul, die beiden zu entzweien. Schäffler knurrt mächtig, aber auch für Vierjährige nicht zu heftig, und zu den anfangs gehetzten, später verhalten orientalischen Melodien scheint das Podium erst durch den Wüstensand zu sausen und dann im Basar zum Stillstand zu kommen. Natürlich gewinnen beide ihre Freundschaft zurück, und zwar vor allem, weil Murat an das Gute im Löwen glaubt. Motto: Man kann sein, wer man will, und wenn man lernbereit ist, kommt man auch mit ganz Andersartigen aus.

Ludwig Hugo

„Ein Freund für Löwe Boltan“, jeden Sonntag um 15 Uhr (bei Regen drinnen), Auf dem Sande/Sandtorkai.