■ In-line Skating auf öffentlichen Wegen
: Die Mensch/Maschine-Koppelung

Das erste Problem eines jeden neuen Freizeitvergnügens beginnt mit seiner Schreibweise. Die zentrale Frage lautet: Wie viele Bindestriche braucht Inlineskating? Das zweite liegt in der oft fraglichen Akzeptanz dieser Sportart. Im Moment legt jedes größere Kaufhaus Wert auf eine eigene Skating- Abteilung, die beim nächsten Trendumschwung schon wieder ganz anders genutzt werden kann.

Mit einem ganz speziellen Problem beim in-line Skating hat sich dankenswerterweise Uli Walter, ein 51jähriger Beamter aus Kelsterbach, beschäftigt. In einer 40 Seiten starken Ausarbeitung, „gewidmet allen interessierten Skatern und unseren Freunden von Polizei und Ordnungsamt“, setzt er sich mit den Schwierigkeiten des in-line Skating auf öffentlichen Wegen auseinander. Um diese Expertise erstellen zu können, hat Walter in den vergangenen beiden Jahren nach eigenen Angaben nicht nur rund 14.000 Kilometer auf seinen insgesamt acht Rollen zurückgelegt, sondern auch entsprechende Paragraphen der Straßenverkehrsordnung (StVO) nebst Kommentaren studiert. Das Skaten und Studieren ergab, daß „dieses spezielle Rollvergnügen ohne jeglichen Bezug zur vorhandenen Gesetzgebung“ in einer Grauzone existiert. Walter mußte die bittere Erfahrung machen, daß es sich nirgendwo ungehindert skaten läßt.

Auf allen möglichen Wegen und Straßen wurde er angehalten und mußte sich seitens der bundesdeutschen Ordnungshüter die unterschiedlichsten Vergehen gegen die StVO vorwerfen lassen. Mal monierte man den fehlenden Blinker, mal die nicht vorhandenen Seitenreflektoren, und je nach Bedarf zählte man ihn wahlweise zu den Fußgängern oder den Radfahrern. Dabei ist laut Uli Walter ein Skater aufgrund der „Mensch/Maschine- Koppelung“ ein nahezu unvergleichliches Wesen, ein „HUMANOID“, auf welches die einschlägigen Paragraphen der StVO keine Anwendung finden dürften. Die „enge Verbundenheit zwischen Mensch und Maschine“, findet Walter, sollte es aber ermöglichen, den Skater mit dem Radfahrer rechtlich gleichzustellen. Hierfür fehle allerdings derzeit noch die nötige Lobby, moniert er. Kontraproduktiv wirke sich auch das Auftreten „rüpelhafter Skater- Gruppen“ aus, die Walter jedoch auf beinahe schon väterliche Art ermahnt, soziales Verhalten an den Tag zu legen.

Noch haben die in-line Skater viele natürliche Feinde auf den Straßen der Republik: Fußgänger, Hunde und Polizisten. Geht es nach dem Willen von Uli Walter, sollen sich die Humanoiden zukünftig wie die Fische zwischen den Autos bewegen. Abgesichert über eine Haftpflichtversicherung (man kann ja nie wissen), ausstaffiert mit einem Überhole rücksichtsvoll-T-Shirt („ohne den erhobenen Mittelfinger“), ausgestattet mit dem Wissen über das Straßenverkehrsrecht (für die tägliche Auseinandersetzung mit den Wächtern der Ordnung) und jederzeit das richtige Motto im Kopf: „SKATE SMART, was dem Sinn nach auch FAHRE RÜCKSICHTSVOLL bedeutet“. Michael Bolten

Alle Zitate mit freundlicher Genehmigung von Uli Walter aus: „In-line Skating auf öffentlichen Wegen unter besonderer Berücksichtiugung des Road-Skating“, Juli 1996