Blumenkohlgehirne live

■ Prima Literatur-Duelle beim Poetry Slam des LAOLAclubs

„Wir machen den LAOLAclub jetzt zu. So schockt das nicht!“, verkündeten die Veranstalter Alexander Posch und Michael Weins pseudotrotzig nach ausgetragenem Poetry Slam. Ihr Team, der „Hamburger Schriftsteller Verein“ HSV, war zwar zuvor dem Rivalen der Alster All-Stars nach sechs Runden Publikumsabstimmung knapp unterlegen – ein durchaus anfechtbares Urteil. Das Endresultat war aber eh weit weniger interessant als die dorthin führende „Kampflesung“ selbst. Es sei denn man hatte es auf den ersten Preis abgesehen: Ein „original italienisches Fertiggericht“ für jeden Autor.

Vorausgegangen war ein Poeten-Derby, das von fußballspezifischen Ritualen geprägt war: Farfisa-Klänge des Bernd „Goofy“ Pöhler-Trios begleiteten den Einlauf der jeweils sechsköpfigen Poeten-Teams in die ausverkaufte Arena an der Rentzelstraße. Ein obligatorischer Wimpeltausch fehlte ebensowenig wie eine an Sportschau-DFB-Pokal-Auslosungen erinnernde Zusammenwürfelung der Eins-zu-Eins-Paarungen.

Das Konzept der wettkampfartigen Darbietung literarischer Häppchen ging anschließend gnadenlos auf. Zwölf mal fünf Minuten Kürzestprosa (nur ein Gedicht wurde gewagt) ermöglichten den Zuhörern das Konsumieren unterschiedlichster literarischer Skurrilitäten. Der Ich-Erzählung eines sich bewußt mitschnacken lassenden Kindes („Und dann kam sein dicker, glitschiger Stengel raus...“) folgten etwa absurde ärztliche Diagnosen („Sie haben ein blumenkohlgroßes Gehirn“) oder infantile Fäkal-Komik („Er preßte eine kollossale Elle Kot in die Kloschüssel“). Angesagt waren also einschlagende Effekte – wer Tiefgründigeres erhofft hatte, sah sich enttäuscht.

Entscheidende Bedeutung kam somit auch der Art und Weise des Vortrags zu. Schon kleinere Unsicherheiten beim Rezitieren boten dem schiedsrichtenden Publikum Anlaß zur Poetenbeschimpfung („Auswechseln!“), während überzeugende Präsentationen eigentlich weniger aufregender Texte Jubel ernten konnten. Literatur als Entertainment: Gut geschauspielert ist halb gewonnen.

Scherzhaft setzte sich das auf anderer Ebene fort, wenn die Teilnehmenden versuchten, den Poetry Slam als poetische Schlammschlacht zu inszenieren. So erregten die Urteile der scharfrichtenden Zuschauer über die Literatur-Gladiatoren albernen Protest aus den Reihen des jeweiligen Verliererteams und die beiden – sich zudem parteiisch gebenden – Kommentatoren drohten streng: „Ruhe, sonst gibt's Gelb-Rot!“.

Grünes Licht dagegen für eine Wiederholung derartiger Events. Ein bißchen Spaß muß sein, auch im geheiligten Reich der Literatur.

Christian Schuldt