■ Sprachführer für italienische Deutschlandtouristen (Teil 1): Können Sie kunststopfen?
Wer fremde Länder kennenlernen will, benötigt einen Sprachführer. Das gilt auch für Italiener, die in Deutschland Urlaub machen wollen. Wie sollen sie Auskünfte einholen und Kontakte knüpfen? Die Wahrheit untersucht die nützlichen Bücher.
Viertausend Wörter und zweitausend Redewendungen umfaßt der schmale, hellbraune Band Il tedesco per viaggiare (Edizioni Primavera; 14.000 Lire), der sich bequem in jeder Handtasche verstauen läßt. Schnell kann der italienische Tourist darin jene Fragen nachschlagen, die im deutschen Alltag nützlich sind: „Kann man eine Unterwasserjagdausrüstung mieten?“ findet sich ebenso wie „Haben Hunde Zutritt?“ oder „Können Sie mir einen Eßkorb richten lassen?“ Bei einer Autopanne empfiehlt das Werk die Redewendung „Wer kann die Spannbacken öffnen?“, nach einem Unfall die Frage „Deckt die Versicherung den Fahrer?“
Selbst kleine Beschwerden sind mit Il tedesco per viaggiare kein Problem. „In meiner Kabine geht das Bullauge nicht auf“, verwendet der italienische Besucher ebenso flüssig wie die gewöhnliche Floskel „Der Brief hat Übergewicht.“ Sobald ein Flugzeugpilot durchsagt: „Wir durchfliegen eine Turbolenzzone, in der es zu Luftlöchern kommen kann“, greift der sprachkundige Tourist beherzt zur Kotztüte – deren Erwähnung das Bändchen allerdings schamhaft vermeidet.
Überhaupt ist die Zurückhaltung im zwischenmenschlichen Bereich zu bemängeln; neue Bekanntschaften ermöglicht das Buch zum Beispiel nur mit der brachialen Wendung: „Sind Sie allein?“ Insgesamt trotzdem ein Werk, mit dem jeder Deutschlandurlaub für Besucher und Besuchte zu einem Genuß wird.
Tedesco, Manuale di conversazione (Berlitz, 11.000 Lire), der kleine Band der Sprachschule, ermöglicht eine etwas nuanciertere Kontaktpflege. So lassen sich mit einem lockeren „Wie ist die Außentemperatur?“ schnell neue Freunde finden. Und neben dem konventionellen „Darf ich Ihnen eine Zigarette anbieten?“ liest man Wendungen, die eine gewisse Direktheit spüren lassen: „Haben Sie Ihre eigene Wohnung?“ kann der italienische Tourist nach Lektüre des kleinen Büchleins ebenso fragen wie „Wohnen Sie allein?“
Daneben scheint die Stärke des Berlitz-Bandes im automobilen Bereich zu liegen. Auf 18 Seiten finden sich wichtige Bemerkungen wie „Das Kurbelwellengehäuse ist gesprungen“ oder „Die Spurstangenenden sind verschlissen“. Auch die Kenntnis von Zündkerzengewinde, Abblendschalter und Bremstrommel dürfte deutsche Tankwarte beeindrucken.
Beinahe überflüssig zu erwähnen, daß auch die zivilisatorischen Standards aufgenommen sind: „Ist Bedienung inbegriffen?“, „Wird Abendgarderobe verlangt?“, „Können Sie das kunststopfen?“ werden selbstverständlich erwähnt, ebenso der entzückte Ausruf deutscher Sportfreunde: „Heute abend findet ein Leichtgewichtskampf im Stadion statt!“
Ein gelungenes Werk, mit dem jede Autopanne zum Vergnügen wird. Felix Berth
Lesen Sie morgen: Lockwellbürste und Plüsch – Sprachführer mit noch speziellerem Spezialwortschatz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen