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Heute geht der erste Teil des "Sparpakets" in den Bundesrat. Der Schuldenberg soll nicht weiter wachsen, verspricht die Regierung. Wirtschaftsinstitute widersprechen: Der Sparkurs dämpfe die Konjunktur und sei kontraproduktiv. Der Bundesrat

Heute geht der erste Teil des „Sparpakets“ in den Bundesrat. Der Schuldenberg soll nicht weiter wachsen, verspricht die Regierung. Wirtschaftsinstitute widersprechen: Der Sparkurs dämpfe die Konjunktur und sei kontraproduktiv. Der Bundesrat wird den eingeschlagenen Weg kaum mitgehen, dank der Macht der SPD-regierten Länder. Zwar kann die Länderkammer ihren Einspruch gegen die Spar-Gesetze formulieren und den Vermittlungsausschuß des Bundestages anrufen, aufhalten läßt sich Theo Waigels Sparmaschine aber kaum mehr.

Auf falschem Spar-Kurs?

Der Bundesrat wird heute höchstwahrscheinlich Änderungen an den von der Bundesregierung vorgelegten Spargesetzen verlangen und den Vermittlungsausschuß des Parlaments anrufen. Aber CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble lehnt sich entspannt zurück und meint: Na und?!

Wer Schäuble reden hört, könnte glauben, es ginge lediglich um die goldene Ananas. „Wenn der Bundesrat sich entscheidet, wie wir's befürchten“, sagt er, „dann werden wir das Sparpaket eben im Bundestag durchsetzen.“ Den Vermittlungsausschuß findet er „relativ uninteressant“. Eigentlich sei der „ganze Zirkus“ doch völlig überflüssig und koste nur unnötig Zeit und Geld.

Die Macht des Vermittlungsausschusses ist begrenzt. Ein erheblicher Teil des heute anstehenden Sparprogramms der Regierung, wie die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters und die Senkung des Kündigungsschutzes in kleineren Betrieben, kann auch ohne Zustimmung des Bundesrats in Kraft treten. Einen wichtigen Punkt, kann die Opposition dennoch blockieren: die Kürzung der Beamtenbezüge im Krankheitsfall.

Auf mehr wird SPD-Chef Oskar Lafontaine nicht hoffen können. Für die SPD wird es spannend, wenn die Entscheidung über das Jahressteuergesetz 1997 ansteht, mit den brisanten Themen wie Wegfall der Vermögenssteuer, Kürzung des Solidaritätszuschlags und Verschiebung des Kindergeldes. Hierbei kommt der Mehrheit des Bundesrates eine entscheidende Bedeutung zu. Weil diese Gesetze unmittelbar die Länderfinanzen berühren, muß ihnen die Mehrheit des Bundesrates zustimmen. Möglicherweise gibt es also Verhandlungsmasse. Fraglich ist nur, was die SPD zur Disposition stellen könnte. Denn Lafontaine trimmt seine Partei auf strikten Boykottkurs. Welcher SPD-Ministerpräsident auch immer Zugeständnisse an das Sparpaket machen wollte, wurde bisher zurückgepfiffen. So wie Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe, der sich vorstellen konnte, der Verschiebung des Kindergeldes zuzustimmen. An diesem Punkt läßt Oskar Lafontaine nicht mit sich spaßen. Wenn er denn schon sparen muß, dann nur in Bereichen, die die Koalition nicht schon angepackt hat. Sein einziger Vorschlag: Einsparungen durch eine Reform des öffentlichen Dienstes.

So wird wohl auch die Koalition nicht mit sich handeln lassen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, daß selbst von Koalitionsparteien regierte Länder heute für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen werden. Es geht um Kosmetik. Das CSU-regierte Bayern will lediglich erreichen, daß Schwangere bei der Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgenommen werden. Wenn es im Bundestag aber um die Ablehnung des Sparpaketes als Ganzes geht, werden sich die bayerischen Abgeordneten keinesfalls dagegen stellen. Ähnliches gilt für Rheinland-Pfalz. Die zusammen mit der SPD regierende FDP wird sich allein um des Koalitionsfriedens willen mit der SPD nicht gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses stellen. Schließlich hatte die FDP ihren Koalitionspartner schon beim Thema Ladenschluß zu einer Enthaltung gezwungen. Da ist es nur recht und billig, seinerseits ein Zugeständnis zu machen. Zumal, wenn es nichts kostet. Im Bundestag, werden die FDP-Abgeordneten geschlossen für das Sparpaket stimmen.

Clever hat auch die Statt-Partei in Hamburg ihre angekündigte Verweigerungshaltung gegen die Blockadehaltung der SPD-geführten Länder aufgegeben. Beim Ladenschlußgesetz zwang sie die SPD zur Enthaltung, hatte damit die Änderungen beim Ladenschlußgesetz möglich gemacht und sich auf diese Weise überregional ins Gespräch gebracht. Den gleichen Erfolg könnte die Statt-Partei jetzt nicht mehr verbuchen, da es nicht mehr auf die Stimmen von Hamburg ankommt. Also, warum unnötig den Koalitionspartner ärgern? Markus Franz

Siehe Kommentar Seite 10

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