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Mediales Machtpoker

■ Kirch und Bertelsmann wollen zusammenarbeiten

Wenn die Konzerne Bertelsmann und Kirch für den digitalen Fernsehmarkt fusionierten, wäre dies der Medien-GAU schlechthin. Aber gemach! Die von der Süddeutschen Zeitung forsch verkündete Ehe wird nicht geschlossen, denn dafür fände sich kein anerkannter Ehestifter. Obwohl die Ministerpräsidenten der Länder jüngst das Medienrecht mit seinen vermeintlich konzentrationshemmenden und Vielfalt sichernden Maßnahmen zu einem Torso verstümmelt haben, stünde einer solchen Ehe doch weiterhin das Kartellrecht im Wege.

Sinn machen Absprachen zwischen den beiden dominanten Marktteilnehmern über ein einheitliches Decodersystem für das Digitalfernsehen und über die Rolle, die ihr Gemeinschaftsunternehmen Premiere demnächst im digitalen Markt einnehmen soll. Nachdem das Bundeskartellamt vor Jahren mit einer krassen Fehlentscheidung ein gemeinsames Vorgehen von Kirch und Bertelsmann beim Pay-TV genehmigte, wird Premiere im analogen Bezahlfernsehen wohl dauerhaft ohne Konkurrenz bleiben. Am digitalen Markt, auf dem in Zukunft zweifellos eine Menge Geld zu verdienen sein wird, dürften aber selbst die großzügigen Kartellwächter auf Wettbewerb zwischen den beiden Mediengiganten und ihren jeweiligen Partnern beharren. Zumindest, wenn sie aus ihrer damaligen Fehleinschätzung gelernt haben.

Am digitalen Markt haben sich die Chancen für Bertelsmann und seine französischen Partner in den letzten Tagen freilich dramatisch verschlechtert. Monatelang hatten sie in den USA offenbar vergeblich um zwei umfangreiche Filmpakete gepokert. Sowohl Warner Bros. als auch MCA Universal Pictures wollen nun Kirchs Milliardenangebote annehmen. Bertelsmann wäre damit der Zugang zu massenattraktiver Filmware weitgehend versperrt. Für diese US-Filmware gibt es am internationalen Markt keine Alternative. Rund 80 Prozent der Kinobesucher entscheiden sich hierzulande für Hollywood-Filme. Beim Kampf um diese US-Filme haben die Konkurrenten Kirch und Bertelsmann zur Freude der Amerikaner die Preise hochgetrieben. Ein Ende dieser Preistreiberei liegt im Interesse beider Konzerne. Auch darüber dürfte man verhandeln. Horst Röper

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