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Konfliktträchtiger Klotz auf dem Kiez

■ Saga plant Plattenbau an der Talstraße: Anwohner-Ini legt Alternativ-Konzept vor

„Lieblos“ und „sozial unverträglich“ findet Architekt Jörn de Vries, Mitglied der Anwohnerinitiative „Leben auf St. Pauli“, den geplanten Saga-Neubau an der Talstraße/ Ecke Simon-von-Utrecht-Straße. Gegenüber des Israelitischen Krankenhauses will die städtische Wohnungsbaugenossenschaft hier bekanntlich einen fünf- bis sechsgeschossigen, 90 Meter langen, kasernenartigen Gebäuderiegel mit 80 Sozialwohnungen hochziehen – gegen den Willen von AnwohnerInnen sowie der Stadterneuerungsgesellschaft (Steg).

„St. Pauli-Nord soll 1997 Sanierungsgebiet werden. Es wäre unglücklich, das letzte freie städtische Grundstück mit so einem konfliktträchtigen Klotz zu verbauen.“ Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf appelliert deshalb an die Saga, den bereits beim Bezirk beantragten Bau mit der „monströs-massiven Fassade“ vorerst zurückzustellen und gemeinsam mit den BewohnerInnen zu überplanen.

Die hatten erst vor einem Monat von dem Klotz erfahren. Eilig entwickelten sie daraufhin ein Alternativ-Konzept, das sie gestern vorstellten. Danach soll es statt eines geschlossenen Baukörpers entlang der Straße sieben Einzelhäuser geben, verteilt auf dem riesigen Gelände. Die Zahl der Wohnungen bliebe gleich, und nur so blieben auch die im Geländeinneren liegenden alten Terrassenhäuser (36 Wohnungen) öffentlich zugänglich.

In ihrem städtebaulichen Erneuerungskonzept für St. Pauli will die Steg die Anwohnerplanung befürworten. Planungskosten könnten der Saga gegebenenfalls über Städtebauförderungsmittel entschädigt werden. „Der Stadtteil ist erst kürzlich zum sozialen Brennpunkt erklärt worden, und nun soll hier ein Plattenbau entstehen“, rügt auch Pastor Christian Arndt die Saga. Doch die winkt ab: „Das Gebäude ist nicht überdimensioniert und wird aufgelockert von zwei Durchbrüchen“, sagt Sprecher Hermann Boekholt. Bürgeranhörung sei gar nicht notwendig, „da das Sanierungsgebiet noch gar nicht festgeschrieben, sondern nur in Vorbereitung ist“. Wenn der Bezirk den Bau fristgerecht am 8. August genehmige, könnte Anfang 1997 Baubeginn sein und die ersten MieterInnen im Sommer 1998 einziehen.

Baurechtlich ist gegen das Saga-Haus nichts einzuwenden, bestätigt der Bezirk. Steg und AnwohnerInnen hoffen deshalb auf politische Unterstützung, um den Klotz zu verhindern. Bei der verknöcherten SPD-Mehrheit in Mitte und einem Bausenator, der in Personalunion dem Saga-Aufsichtsrat vorsitzt, kann man da nur starke Nerven wünschen. Heike Haarhoff

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