: Hausgemacht mit Unterstützung des Ku Klux Klan
■ Wer Bomben bauen will, bekommt Bastelanleitung von rechtsradikalen Milizen
Wenn von „Kochbüchern“, „Rezepten“ und „Hausgemachtem“ die Rede ist, dachte man in den USA bislang an Mutters Apfelkuchen oder das jährliche Familienessen zu Thanksgiving. Inzwischen sind diese Begriffe zu Synonymen für einen neuen amerikanischen Trend geworden. Motto: Bombenbasteln leicht gemacht. Seit Anfang der neunziger Jahre verzeichnet das FBI einen rapiden Zuwachs von Bombenattentaten in den USA. Die Zahl der Anschläge stieg von 641 im Jahr 1989 auf 1.880 im Jahr 1993.
Die wenigsten sind politisch motiviert. Zerstörungslust, Rache oder Geldgier zählen zu den häufigsten Motiven: In New Jersey versuchten zwei Teenager, mit Bombendrohungen 1,3 Millionen Dollar zu erpressen; in New Mexico entschärfen Polizisten Rohrbomben an einer Brücke und in einem Zeitungskasten; in Chicago bekriegen sich Drogengangs zunehmend mit selbstgebastelten Bomben; in Florida wurde eine Frau durch eine Briefbombe getötet – als Absender steht ihr Ex- Mann im Verdacht; und wenige Tage nach dem Absturz der TWA- Maschine vor der Küste von Long Island entschärften Polizisten eine Rohrbombe auf der Startbahn des Chicagoer O'Hare-Flughafens.
Wer wissen will, wie man eine Bombe baut, konnte dies schon vor Jahren in einschlägigen Broschüren nachlesen; sie werden in Kreisen von Söldnern, Waffenfanatikern, Neonazis oder „Survivalists“ vertrieben. Inzwischen sind diese Informationen via Internet buchstäblich jedem Kind zugänglich – auch jenen Schülern, die sich auf der „Information Super-Highway“ eine Bastelanleitung besorgten.
Unter den Vertreibern solcher Produkte finden sich unter anderem zwei ehemalige Angehörige der „Special Forces“ aus dem Vietnamkrieg, die ihren Kunden per Postversand „blow-and-burn“-Bücher und Videos über den Bau von Landminen und anderen Sprengkörpern anbieten, „die man für den Tag braucht, an dem kommerzielles Dynamit nicht mehr ausreicht“. In rechtsgerichteten Milizenkreisen gibt man sich bislang noch mit einfacheren Zutaten wie Ammonium Nitrat und Benzin zufrieden.
Damit war die Bombe gebastelt worden, die im April 1995 das „Alfred-P.-Murrah“-Verwaltungsgebäude in Oklahoma City zerstörte und 168 Menschen tötete. Nach dem Attentat verzeichneten Verleger von „Bomben-Kochbüchern“ eine wachsende Nachfrage nach Bastelanleitungen für Ammonium-Nitrat-Bomben.
Eine halbe Tonne Ammonium Nitrat fand die Polizei Anfang Juli in Phoenix im Haus und Treffpunkt der „Arizona Viper Militia“. Diese besteht aus zwölf Männern und Frauen, die Bombenanschläge auf Bundesgebäude in Phoenix geplant haben sollen. Konfisziert wurden über 100 Schnellfeuergewehre und Handfeuerwaffen.
Nach Berichten der Washington Post wurden auch in Georgia in den letzten Monaten mehrere potentielle Attentäter festgenommen. Darunter befanden sich die beiden Mitglieder der „Georgia Republic Militia“, die Rohrbomben für einen bevorstehenden Konflikt „gegen die UNO“ bauen wollten, es aber laut Beteuerungen der Polizei nicht auf die Olympischen Spiele abgesehen hatten. Darüber hinaus auch ein Angehöriger des Ku Klux Klan, in dessen Besitz fünf Sprengkörper und weiteres Bombenmaterial gefunden wurden. Im Oktober letzten Jahres meldete eine Firma für Sprengarbeiten in Norcross im Bundesstaat Georgia den Diebstahl von Ammonium Nitrat, Treibstoff und Zündern.
Daß die Bombe von Atlanta möglicherweise doch nicht hausgemacht war, wollen die Ermittlungsbehörden nicht ausschließen. Rohrbomben wurden im Januar 1996 in Manila im Apartment von Ramzi Yousef gefunden, der inzwischen von den Philippinen an die USA ausgeliefert wurde und nun vor einem New Yorker Gericht angeklagt ist, die Sprengung von elf US-Verkehrsflugzeugen geplant zu haben. Andrea Böhm
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