piwik no script img

Kein neues Profil

■ Wrocklage sucht und schweigt

Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) will weiterhin selbst nach einem neuen Polizeichef fahnden. „Es wird keine öffentliche Ausschreibung geben“, teilte gestern sein Sprecher Christian Schuppe mit. Das würde zu lange dauern, dem Senator sei jedoch weiterhin an einer „zügigen Neubesetzung ohne Hektik“ gelegen.

Auf einer Deputations-Sitzung der Innenbehörde hatte nach taz- Informationen eine große Mehrheit von Wrocklage gefordert, den Nachfolger für Ex-Polizeichef Arved Semerak per bundesweiter Ausschreibung zu suchen. Zudem solle er dem Gremium, das nur beratende Kompetenzen hat, ein „neues Anforderungsprofil“ für die Position vorlegen. Dafür gebe es „keine Notwendigkeit“, so Schuppe.

Keine Reaktion auch auf Vorwürfe, die Semerak gestern in der Bild-„Zeitung“ erhoben hatte. Wrocklage habe seinen bisherigen Äußerungen „nichts hinzuzufügen und werde auch nichts zurücknehmen“, wortkargte sein Pressesprecher. Semerak, der seit Donnerstag offiziell im einstweiligen Ruhestand ist, hatte in der Springer-Gazette „Meine Abrechnung“ präsentiert. Er sei „menschlich sehr enttäuscht“ vom Innensenator, wehklagte er, und „tief verletzt“. Mehrfach habe Wrocklage ihn im Verlauf seiner zehnmonatigen Amtszeit „zusammengestaucht“. Der politische Einfluß auf die Polizei sei nirgendwo so hoch wie in Hamburg, er sei sich „wie eine Marionette vorgekommen“.

Kein Wort allerdings verlor der 57jährige darüber, daß er innerhalb der Polizeiführung jegliche Akzeptanz verloren hatte. Insider wissen zu berichten, daß Semerak auf einer Leitungssitzung im Juni nach einem langatmigen Vortrag einfach ausgelacht wurde. Die vor zehn Tagen erstmals öffentlich geäußerte Kritik an ihm – Dieter Langendörfer, Chef der Soko Reemtsma und Gewerkschaftschef, hatte Semerak als „inkompetenten Frühstücksdirektor“ bezeichnet – erfolgte ebenfalls mit Rückendeckung: Langendörfer wurde von einflußreichen Polizeikreisen ausgeguckt, den ersten Stein zu werfen. Volltreffer.

Sven-Michael Veit

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen