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Ein guter Deal?

■ In der Wendenstraße soll das erste privat finanzierte Künstlerhaus gebaut werden

Die einen sprechen von einem richtungsweisenden Deal, die anderen befürchten, doch den kürzeren zu ziehen: In der Hammerbrooker Wendenstraße 45 nimmt der Versuch, ein privat finanziertes Atelierhaus für Künstler zu errichten, langsam Form an. Nicht, daß der Baubeginn schon zu vermelden wäre. Aber die langwierigen Gespräche zwischen der Präsidentin der Kunsthochschule, Adrienne Goehler, dem Bezirk Mitte und dem Investor Dieter Becken haben inzwischen zu einem Vertrag mit der Stadt geführt.

Was Ende März bei der Eröffnung der zweiten „Tage der offenen Türen“ in der ehemaligen Darmsortier-Fabrik angekündigt wurde, ist inzwischen paraphiert. Für die Genehmigung, zwölf statt zehn Stockwerke bauen zu dürfen, verpflichtet sich der Investor, das Atelierhaus zu erhalten, zu sanieren und die Miete für zehn Jahre auf 9 Mark netto pro Quadratmeter festzulegen. Inklusive der Nebenkosten werden es elf Mark sein – circa 1,80 Mark mehr als bislang. Nach Ablauf der Mietbindung sollen Erhöhungen in Anlehnung an die Inflationsrate vorgenommen werden.

Trotz der Vergünstigungen ist dies, verglichen mit den sechs anderen, meist öffentlich geförderten Hamburger Künstlerhäusern, die höchste Miete, was für einige der 50 Künstler Anlaß sein könnte, die Wendenstraße verlassen zu müssen. In Hammerbrook arbeiten derzeit fast so viele Künstler wie in den übrigen Häusern zusammen.

Gar keine Miete verlangen die Hamburger Wasserwerke für das nicht-beheizbare Kaifu-Art-Center. Die niedrigste Miete muß im Künstlerhaus Sootbörn entrichtet werden, einer ehemaligen Schule direkt in der Einflugschneise des Flughafens Fuhlsbüttel. In Bergedorf mußten die Nutzer hohe Abstandszahlungen einbringen. Die zweitniedrigste Miete ist in der Weidenallee fällig, doch das könnte sich schon bald ändern. Die alten Zehnjahresverträge laufen aus, und es gibt einen neuen Besitzer.

Gute Gebäude wie der Neubau an der Ecke Amsinckstraße/Nagelsweg – ebenfalls von Dieter Becken – und die Planung der Wendenstraße durch das Büro Bothe, Richter, Therani sind ebensowenig wie die angestrebte Mischnutzung reine Menschenfreundlichkeit der Investoren. Die Projekte sind schon deshalb finanziell interessant, da momentan fast 20 Prozent der Bürofläche in der City Süd leerstehen.

Dies soll in der Wendenstraße nicht passieren. Investor Becken möchte dort im nächsten Frühjahr mit den Arbeiten beginnen. Eine kühne Hoffnung, denn bislang wurde noch kein Bauantrag gestellt. Dessen ungeachtet wird schon über eine Grundsteinlegungsfeier zusammen mit den Künstlern nachgedacht. Hajo Schiff

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