piwik no script img

Gebührenstreik löst Chaos aus

■ Die "Einschreibegebühr" bringt StudentInnen und Immatrikulationsämter zum Verzweifeln. Der sorgenfreie Sommer endet unerbittlich mit dem Rückmeldedatum

StudentInnen ohne Ausweis, Exmatrikulationen, völlig überlastete Immatrikulationsämter – die sogenannte Einschreibegebühr droht die Hochschulen vollends ins Chaos zu stürzen. Die Einschreibebüros können mit dem für September vorausgesagten Ansturm von sich zurückmeldenden Studierenden gar nicht fertig werden, lautet der Warnruf aus den Immatrikulationsämtern. Wegen der erstmalig erhobenen 100-Mark-Gebühr hatten die Uni-PräsidentInnen die Rückmeldefrist bis September verlängert. Das könnte ein Bumerang werden.

Die Hochschulverwaltungen verschicken dieser Tage blaue Briefe. Inhalt: Wer sich bislang nicht zurückgemeldet habe, habe noch Zeit bis September. Dann aber hat der sorgenfreie Sommer ein unerbittliches Ende. Versäumnisgebühren von 36 Mark werden fällig, Gebührenverweigerer werden rausgeworfen. „Das ist kein Spaß für uns“, entschuldigt sich Wolfgang Preuß, Leiter des Immatrikulationsamtes der Technischen Fachhochschule (TFH), „aber ab Mitte Oktober wird exmatrikuliert.“ An der TFH wären nach derzeitigem Stand 730 Verweigerer betroffen, an der Freien Universität 7.500 Studierende.

Berlin hatte im Frühjahr als bundesweiter Vorreiter 100 Mark „Einschreibegebühren“ eingeführt – zusätzlich zu den rund 50 Mark Sozial- und Asta-Beitrag. Die GEW und eine studentische Verweigerer-Initiative halten die Gebühr für rechtswidrig. Gemeinsam mit den Studentenvertretungen forderten sie auf, „gegen die Studiengebühren zu klagen“. Das haben Hunderte von Studierenden auch getan. Mit einer schnellen Entscheidung ist indes nicht zu rechnen. Die normale Wartefrist vor dem Verwaltungsgericht beträgt rund eineinhalb Jahre. Eilverfahren sind nicht in Sicht.

Zum Problem der Immatrikulationsämter werden aber weniger die Verweigerer als die Trittbrettfahrer. Die verschobene Rückmeldefrist (an den Universitäten Mitte, an Fachhochschulen Ende September) wird derart massenhaft in Anspruch genommen, daß die rechtzeitige Ausgabe der StudentInnenausweise gefährdet ist – mit allen negativen Konsequenzen. Ohne Studi-Ausweis keine verbilligten Eintritte, kein Azubi- Ticket, selbst mit dem Kindergeld kann es heikel werden. „Die sollen die Gebühr unter Vorbehalt zahlen“, rät Larissa Klinzing von der GEW den Studierenden. Das aber würde den politischen Widerstand der „Initiative gegen Studiengebühr“ schwächen. Sie hatte die Studis ermuntert, die Exmatrikulation zu riskieren.

Auch in den Einschreibeämtern herrscht miserable Stimmung. „Was wir uns alles anhören müssen!“ schüttelt Wolfgang Preuß von der TFH den Kopf. Die ganze Wut der Studierenden bekämen seine MitarbeiterInnen zu spüren. „Mehr Ärger, mehr Arbeit“, schimpft Preuß, „und die Hochschulen machen in jedem Fall Miese.“ Die Gebühren kämen keinesfalls komplett in die Uni-Kassen. Das Land aber hat den Zuschuß an die Hochschulen längst abgesenkt. Christian Füller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen