: Ruhe im Bus!
Als die Telekom vor einigen Monaten für einen Tag zum Billigtarif telefonieren ließ, fragte ein Reporter der Hamburger Morgenpost ein paar Leute, ob sie das Angebot denn auch nutzen wollten. Ein Herr um die 50 antwortete barsch: „Nein, meine Frau und ich kennen niemanden, und uns ruft auch keiner an.“
Drei Trainer aus der Fußball- Bundesliga, Ulrich Maslo (FC St. Pauli), Werner Lorant (1860 München) und Christoph Daum (Bayer Leverkusen) haben jetzt zu erkennen gegeben, daß man sie als ebensolche Stinkstiefel einzuschätzen hat. Gewiß, aus beruflichen Gründen telefonieren sie ziemlich oft. Es ist aber kaum vorstellbar, daß es Menschen gibt, die aus privaten, also freiwilligen Erwägungen bei den berüchtigten Möchtegern- Feldherren anrufen.
Weil bei diesen Trainern, die immer gut sind für einen martialischen Spruch, selten das Telefon klingelt, müssen jetzt ihre Untergebenen leiden. Glaubt man einer Enthüllungsstory in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Sport- Bild, haben die Übungsleiter den Spielern untersagt, im Trainingslager und während gemeinsamer Busfahrten ihre Funktelefone zu benutzen – Maßnahmen, die perfekt zum Image der drei Sportlehrer passen.
„Wenn die Mannschaft zusammen ist, herrscht absolutes Handy- Verbot“, proklamiert etwa Ulrich Maslo, der allerdings offen läßt, ob den Angestellten bei Zuwiderhandlung eine Geldstrafe droht oder ein Tag am Kopfballpendel. Werner Lorant wird da deutlicher: „Wenn ich einen im Bus mit Handy erwische, lasse ich anhalten und setze ihn raus. Dann soll er sich ein Taxi rufen. Ein Telefon hat er ja dabei.“ Ha, ein echter Lorant.
Die bevormundeten Spieler reagierten, wie man es von ihresgleichen erwartet: gar nicht. Von der Mehrheit der DFB-Auswahlkicker ist ja bekannt, daß sie sich von Trainer Berti Vogts wie pubertierende Jungs behandeln lassen. Ob, wann und wie lange die Helden während eines Turniers ihre Freundinnen treffen oder die Frauen, mit denen sie ganz legal verheiratet sind, entscheidet der Coach. Maslo, Lorant und Daum springen mit ihren Spielern jetzt sogar um wie mit Vorschulkindern – nein, der Vergleich hinkt, vielmehr wie mit Terroristen. Ein Telefonierverbot ist doch eindeutig eine Kontaktsperre! Stammheimer Verhältnisse herrschen da bei St. Pauli, 1860 und Leverkusen!
Wer die nicht akzeptieren will, also „glaubt, im Bus auf dem Weg ins Stadion telefonieren zu müssen, sollte sich besser einen anderen Beruf suchen“. So sekundiert seine drei Kollegen der Frank Pagelsdorf von Hansa Rostock, der bisher vornehmlich dadurch aufgefallen war, es auf dem zweiten Bildungsweg zum Berufsossi gebracht zu haben, und der von wegen Jobwechsel leicht reden hat, weil er wohl auch als Model in der Schinkenwerbung noch gut verdienen dürfte.
Wir wissen zwar nicht, was amnesty international sagt. Aber wir rufen: Freiheit für alle kickenden Handy-User! René Martens
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