BSE überrascht Forscher mit immer neuen Tricks

■ Briten verschleppen Aufklärung, Tausende Bauern protestieren gegen Verluste

Berlin (taz) – In Husum verbrannten gestern mehrere hundert Bauern britische Fahnen und riefen „England raus aus der EU“. In ganz Deutschland protestierten Tausende aufgebrachte Bauern gegen die Verluste durch die BSE- Seuche bei Fleisch und Milch. Unterdessen suchte Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) die Deutschen zu beruhigen. Die neuen britischen Erkenntnisse über die mögliche Übertragbarkeit der Rinderseuche BSE von Muttertieren auf Kälber habe keine Auswirkungen. Deutschland sei „BSE-frei“, sagte Borchert.

Doch das sind nach den bisherigen dürftigen Daten vorwiegend aus Großbritannien nur fromme Wünsche. Dort war Anfang der Woche bekannt geworden, daß zwischen ein und zehn Prozent aller Kühe die BSE-Seuche auch auf ihre Kälber übertragen. Wie die Erreger der Krankheit – mutierte Eiweiße namens Prionen – in den Körper der Kälber gelangen, ist noch unklar. „Die Prionen sind relativ kleine Moleküle. Sie könnten während der Schwangerschaft über die Gebärmutterschranke vom Blutkreislauf der Kuh ins Blut der Kälber übertreten“, sagt Armin Giese, Arzt an der Uniklinik Göttingen und Mitgleid einer dortigen SpezialistInnen-Gruppe für Prionen. Auf diese Art werden auch Nährstoffe und Antikörper- Eiwiße von der Mutter weitergegeben.

„Allerdings hat sich in Versuchen mit Mäusen gezeigt“, so Giese, „daß mindestens 100.000 krankmachende Prionenmoleküle in den Körper gelangen müssen, um die Seuche auszulösen.“ Die bisher gemessenen Konzentrationen im Blut von Rindern sind aber zu gering, um diese Zahl zu erreichen. Große Mengen von Erregern fanden sich bisher nur im Gehirn und den Nervensträngen. Es ist aber noch nicht gesichert, ob sich wegen der Verschiedenheit der Arten die Ergebnisse von Mäusen auf Rinder oder den Menschen übertragen lassen.

Bei deutschen Kühen wurden bisher keine BSE-Erreger gemessen, in der Milch auch nicht. So gilt als derzeitiger Erkenntnisstand: Von den hiesigen Kühen und ihrer Milch ist keine Übertragung von BSE zu erwarten, weder auf Kälber noch auf Menschen. rem