: Die Dose selbst ist das Problem
Umweltschützer kritisieren Holsten-Brauerei und fordern Besteuerung von Getränkedosen / Umweltsenator will lieber Pfand erheben ■ Von Vera Stadie
Auf die Holsten-Brauerei ist der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) nicht gut zu sprechen: „Holsten ist in der ganzen Bundesrepublik in Verruf wegen seiner aggressiven Preispolitik bei Bierdosen“, kritisierte BUND-Sprecher Paul Schmid gestern. Die Holsten-Brauerei würde ihr vergleichsweise billiges Dosenbier in die gesamte Republik exportieren. „Die Verbraucher wollen die Dose, weil sie bequemer ist“, erklärte Brauerei-Sprecher Udo Franke gegenüber der taz. Wieviele Blechbüchsen Holsten jährlich abfülle, wollte er nicht verraten: „Das sagen wir nicht.“
Der Schluck aus der Dose sei die umweltschädlichste Art, Bier zu trinken, so Jutta Becher, Vorsitzende des BUND Hamburg. „Bereits die Produktion bringt enorme Umweltbelastungen mit sich.“ Selbst bei einer hundertprozentigen Re-cyclingquote sei der Umwelt nur wenig geholfen, denn „die Dose selbst ist das Problem“.
Eben darauf machte der Umweltverband gestern auf dem Gänsemarkt aufmerksam. Die BUND-Vorsitzende überreichte dem Hamburger Umweltsenator einen Kasten „Anti-Dosen-Bier“ der Sonderabfüllung „Dr. Vahrenholts“. Unter dem Motto „Das ist Ihr Bier, Herr Senator“ forderte sie ihn auf, im Bundesrat gegen die geplante Reform der Verpackungs-Verordnung zu stimmen. Nach der von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) vorgeschlagenen Neuregelung sollen Zwangsmaßnahmen entfallen, wenn Getränke-Hersteller die geltende Mehrwegquote von 72 Prozent unterschreiten. Wird sie unterschritten, müssen die Hersteller bisher die Einwegverpackungen zurücknehmen oder mit Pfand belegen.
Nach Schätzung des BUND wird diese Quote ohnehin nicht erreicht. Auch Vahrenholt bestätigte gestern, daß „Insider wissen, daß sie unter 72 Prozent liegt“. Daher komme Merkel den Getränke-Produzenten gerade recht mit ihrer Novelle, die die Pfand- und Rücknahmeverpflichtung durch eine milde „Kann-Bestimmung“ ersetzt. Er sei sich einig mit allen Umweltministern „von Sachsen bis Schleswig-Holstein“, gegen die Änderung der Verordnung zu stimmen.
Mit Merkels Reform der Verpackungs-Verordnung „würde die Dosen-Flut ungebremst weiterwachsen“, warnt Jutta Becher und fordert statt dessen die Einführung strenger Mehrwegquoten: 95 Prozent für Bier, Erfrischungsgetränke und Mineralwasser bis zum Jahr 2000. Außerdem sollen die Getränkehersteller nach den Vorstellungen des Umweltverbandes Abgaben oder Steuern auf alle Einwegverpackungen zahlen, wenn diese Quote nicht erfüllt ist.
In diesem Punkt ist der Umweltsenator anderer Ansicht: Er bevorzugt 50 Pfennig Pfand pro Dose. Das wiederum hält der BUND für „die zweitbeste Lösung“, denn sie berge das Risiko, daß das Einwegsystem kosmetisch aufpoliert werde und die umweltfreundlicheren Mehrwegflaschen verdränge.
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