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Endlich erwischt: Die Cappuccino-Fälscher Von Susanne Fischer

Neulich betrat ich ein Hannoveraner Kaffeegeschäft, um mich dem schnellen Genuß eines Cappuccinos im Stehen hinzugeben, während draußen hektische, schwitzende Zeitgenossen klumpenweise durch die Untiefen der Warenwelt pflügten. Neben mir pflanzte sich ein Mann auf, dem das gleiche Vergnügen vorschwebte – seltener Gleichklang der Geschlechter. Dachte ich. „Haben Sie noch die wasserfeste Junioren-Geldbörse aus glitzerndem Lederimitat mit halbvergoldetem Reißverschluß und die Unterwäschegarnitur mit Spitzeneinsatz aus Seidenschlerf für meine Frau?“ So riß mich das bärtige Ungetüm aus meiner seligen Kaffee-Quickie-Utopie, und als ich die Augen öffnete, sah ich es auch. Es gab gar keinen Kaffee- Ausschank mehr im Laden. Statt dessen wuchsen meterhohe Sonderangebotsständer für Topflappenhalterbefestigungshilfsklebefolie und Hometrainer aus den Wänden. Katzengold mit Talmistein prangte in allen Ausführungen. Nicht einmal Kaffeetüten konnte ich noch entdecken. Doch hatte ich mich nicht in der Tür geirrt, sondern nur in der Zeit vertan. Die Warenwelt wurde hinter meinem Rücken längst zerfräst und neu zusammengesetzt. Im Blumengeschäft kann ich Keramikgeschirr kaufen, im Elektroladen Laubharken und Geschenkpapier. Der Tankwart öffnet nachmittags den Bierausschank. Nur ich stehe da und gucke dumm, wenn mal wieder irgendwo „Speisegaststätte“ dransteht, es aber drinnen nur Bier gibt (außer einer Reinigungsannahmestelle sowie einem Fotoauftragsservice mit Änderungsschneiderei und Werbeagentur). Im nächsten Kaffeeladen bestellte ich wiederum Cappuccino, der mir nach einem ausführlichen Ablenkungsmanöver („Die Uhren gibt es nur noch mit grünem Armband, aber wirklich günstig!“) des „Verkaufsteams“, bestehend aus einer unausgeschlafenen Dame, schließlich gewährt wurde. In Wahrheit servierte man hier allerdings glitzerndes Getränkimitat mit halbvergoldetem Reißverschluß, nämlich einer überschwappenden Sahnehaube, die mit Hilfe einer willig kooperierenden Sprühdose auf den vermeintlichen Kaffee gepappt wurde. Da fiel mir wieder ein, daß ich mich ja in Hannover aufhielt, wo man durch einen Druck auf die Sprühdose sogar Leute wie dich und mich in Schwerverbrecher verwandeln kann, die umgehend entfernt werden müssen. Man braucht uns bloß etwas Farbe in die Haare zu sprühen, schon werden wir des Stadtzentrums verwiesen. „Objektive Schwierigkeiten“, die echte Punks (gefährlich!) von Leuten mit bunten Haaren (lieb!) zu unterscheiden, gestand der Sprecher des Innenministeriums ein. Die genauen Kriminalisierungsmaßnahmen zu unterlassen, schien dennoch für seinesgleichen (erkennbar an der Krawatte, gefährlich!) nicht eine Sekunde in Frage zu kommen. Gegen einen Platzverweis für meinen angeblichen Cappuccino hätte ich natürlich nichts einzuwenden. Auch Bermudashortsträger wären einmal eine interessante Gruppe zum Ausgrenzen, da sie sicher leicht Bazillen übertragen. Ob man Punks, die das Pech haben, in Hannover zu leben, während der Chaos-Tage aus der Stadt entfernen darf, hat mir noch niemand erklären können. Ein Platzverweis für Hannover (raus aus Niedersachsen!) sollte aber auf jeden Fall in Zukunft erwogen werden.

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