Baubeginn ohne Bürg- und Bürgerschaft

Neubau des Este-Sperrwerks beginnt, Diskussion um Bürgschaft geht weiter  ■ Von Stefanie Winter

Mit dem Neubau des Este-Sperrwerks in Hamburg-Neuenfelde ist gestern offiziell begonnen worden. Die mit 100 Millionen Mark veranschlagten Baukosten teilen sich die Hansestadt und der gewerbliche Nutzer Sietas-Werft zu gleichen Teilen. Entgegen einer ursprünglichen Planung ist der finanzielle Anteil der Werft nicht mehr durch eine Ausfall-Bürgschaft abgesichert.

Die GAL-Fraktion hatte deswegen nachträglich haushaltsrechtliche Bedenken angemeldet, nachdem bekanntgeworden war, daß die Hamburger Bürgerschaft bei ihrer Zustimmung zum Haushalt 1996 im Dezember vergangenen Jahres nicht über den Bürgschaftsverzicht informiert gewesen ist.

Während über diese Unstimmigkeiten im Haushaltsausschuß demnächst noch einmal diskutiert werden soll, wird in Neuenfelde schon gebaut. Der jetzige Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Walter Zuckerer (SPD), kann überdies einen Verstoß gegen das Haushaltsrecht bislang nicht erkennen. Im Hamburger Etat seien Zahlungsmodalitäten nicht festgelegt worden; zudem sei die letztlich vereinbarte Form der Beteiligung von Sietas für die Stadt eher vorteilhaft. Die Werft wird bereits während der Bauzeit – geplant sind drei Jahre – jeweils die Hälfte der anfallenden Kosten übernehmen.

Das „Bürgschaftsmodell“ sah hingegen eine zehnjährige Abzahlungsverpflichtung für den Werftbetreiber vor. Nach Auffassung Zuckerers unterscheiden sich jedoch die verschiedenen Finanzierungsformen faktisch kaum, „immer vorausgesetzt, daß Sietas zahlungsfähig bleibt.“ Sollte die Werft wider Erwarten zahlungsunfähig werden, dann müsse nicht über Bürgschaften, sondern über Arbeitsplätze diskutiert werden.

1600 Menschen sind bei Sietas beschäftigt. In der maroden Werftenlandschaft gilt das Altländer Unternehmen als kerngesunde Ausnahme. Durch den Sperrwerksneubau wird die Durchfahrt für die von Sietas gebauten Schiffe von 22 auf 40 Meter verbreitert. Dies eröffne der Werft eine zusätzliche wirtschaftliche Perspektive, meint Hamburgs parteiloser Wirtschaftssenator und Hafenfan Erhard Rittershaus, sie könne künftig „alle marktgängigen Schiffstypen“ bis zu einer Breite von 32 Metern bauen.

Doch auch ein „gravierender Verkehrsengpaß im Süder- elberaum“ werde damit beseitigt und die Hochwassersicherheit auf den technisch neusten Stand gebracht. Damit begründet der Senat seine 50prozentige Beteiligung am Neubau des Sperrwerks, dessen Verbreiterung ganz überwiegend der Werft nützt. Den Verdacht, die Werft damit zu subventionieren – was nach EU-Recht genehmigungspflichtig ist – weist der Senat von sich.