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Endlich Gold und Geld für adidas

■ Auf der Sportartikelmesse Ispo in München präsentiert sich ein riesiger Wachstumsmarkt. Konsumiert wird hier, produziert in Fernost. Die Arbeitsbedingungen der Sportartikelhersteller sind oft miserabel

Berlin/München (taz/dpa) – Adidas gewann in Atlanta Gold, gewissermaßen. Der Kanadier Donovan Bailey hatte sich mit einem neuen 100-Meter-Weltrekord die Medaille geholt, und der ist bei der Herzogenauracher Firma unter Vertrag. Und auch sonst ist adidas wieder auf Gewinnkurs. Die Sportfirma gab gestern bekannt, daß das Geschäftsergebnis im ersten Halbjahr 1996 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 56,3 Prozent auf 249 Millionen Mark nach oben schnellte. Puma – Werbeträger Linford Christie wurde in Atlanta disqualifiziert – legte um 23 Prozent auf 41,2 Millionen zu.

Mit Olympia versuchten die Firmen Weichen zu stellen. Nike- Chef Phil Knight schätzte den Wert einer Goldmedaille für den Marktprimus auf Hunderttausende von Dollar. Jetzt wollen die Hersteller ihre Olympia-Erfolge zu Geld machen: auf der Sportartikelmesse Ispo in München.

Zur Eröffnung am Montag hatte Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu euphorisch auf Prognosen mit jährlich zweistelligen Zuwachsraten verwiesen – dabei hat der deutsche Sportartikelmarkt schon jetzt ein Jahresvolumen von 12,5 Milliarden Mark. Davon profitiert vor allem der Handel. Bis Freitag preisen in München 1.537 Aussteller aus 47 Ländern ihre Waren an.

Nachdem inzwischen der Tennismarkt an seine Grenzen stößt, sind die neuen Renner auf dem Sportmarkt die Roller. Inline- Skates machen schon jetzt fünf Prozent des gesamten Branchenumsatzes aus. Drei Millionen Paar sollen 1996 in Deutschland über den Ladentisch gehen. Jetzt setzt die Branche auf Markterweiterung, denn schließlich brauchen die Skater nicht nur Fußbekleidung, sondern auch fetzige Spezialklamotten für obenrum.

Von der Wachstumsbranche haben die Deutschen wenig. Denn produziert wird fast ausschließlich in Fernost und Osteuropa. Nach herber Kritik an den Arbeitsbedingungen vor allem an den fernöstlichen Produktionsstandorten haben sich inzwischen die meisten Sportartikelhersteller aus den USA und der BRD zur Einhaltung von Mindeststandards verpflichtet, die insbesondere das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit und die Entlohnung nicht unter den landesüblichen Tarifen beinhalten. Der ehemalige US-Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson hatte im Juli bei dem Besuch einer Reebok-Fabrik in Jakarta entsetzt von 30 Cents Stundenlohn berichtet. In letzter Zeit häuft sich die Kritik von US-Gewerkschaften und -Menschenrechtsgruppen, daß die Vertragsfirmen nicht ausreichend kontrolliert und die Mindeststandards nicht eingehalten werden. lieb

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