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Bremse für Spekulanten

■ Im Moabiter Stephankiez zieht der Sanierungsträger S.T.E.R.N. eine positive Bilanz der Milieuschutzverordnung. Verdrängung und Mietanstieg wurden gedämpft

Als „Investitionshemmnis“ wurde es vor fünf Jahren gescholten: das Instrumentarium einer „Milieuschutzverordnung“, mit der im Moabiter Stephankiez die Wohnbevölkerung erstmals vor Luxusmodernisierungen und Vertreibung geschützt werden sollte. Auch der damalige Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) hat die Moabiter lange schmoren lassen, bevor er 1991 schließlich grünes Licht gab. In einer Broschüre hat der Sanierungsträger S.T.E.R.N. nun Bilanz gezogen. Außerhalb der festgelegten Sanierungsgebiete könne eine solche Milieuschutzverordnung durchaus als „dämpfendes Instrument gegen unkontrollierte Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse wirken“.

Daß der Stephankiez, das Quartier zwischen Quitzow-, Rathenower- und Stromstraße, einem solchen Aufwertungsprozeß ausgesetzt war, hatten Stadtplaner bereits kurz nach der Wende nachgewiesen. Insbesondere die mietpreistreibenden Privatmodernisierungen, hieß es, würden die Sozialstruktur in diesem traditionellen Kleine-Leute-Viertel gefährden. Mit einer Milieuschutzverordnung, so lautete die damalige Hoffnung, konnten Bauanträge privater Eigentümer zurückgestellt werden, wenn sie für die betroffenen Mieter nicht sozialverträglich seien.

Für den Tiergartener Baustadtrat Horst Porath (SPD) hat sich diese Hoffnung durchaus bestätigt: „Für die Mieter im Stephankiez hat sich das gelohnt.“ Vor allem im Gespräch mit den Eigentümern könne der Bezirk oft erreichen, daß von Luxusmodernisierungen Abstand genommen werde. Eine Erfahrung, die auch der Sanierungsträger bestätigt. Bei gut einem Drittel der eingegangenen Modernisierungsanträge habe man eine Verbesserung für die Mieter erreichen können. Die Hälfte der Anträge sei sogar von vornherein genehmigungsfähig gewesen. Für S.T.E.R.N. ein unmißverständliches Indiz dafür, daß Milieuschutzverordnungen gegenüber Eigentümern und Investoren die „Signalfunktion“ innehaben, „daß nicht alles möglich ist“.

Gleichwohl lasse sich auch mit einem solchen Instrument der „soziale Wandel“ nicht verhindern. Alle zwei Jahre werde im Bezirk ein quasi regionaler Mietspiegel ermittelt, dessen Wert für das Stadtplanungsamt dann die für die Eigentümer gültigen Mietobergrenzen bildet. So steigen die Mieten zwar nicht ins Unermeßliche, steigen tun sie aber dennoch. Ein anderes Problem, resümierte Heike Pfeiffer von S.T.E.R.N., sei die Gewerbeentwicklung. Da es eine bundeseinheitliche Begrenzung der Gewerbemieten noch nicht gebe, könne die Umstrukturierung im Gewerbebereich kaum verhindert werden.

Auf einem Spaziergang durch den Stephankiez haben der Betroffenenrat des Qartiers, S.T.E.R.N., die Mieterberatung und Stadtrat Porath am Mittwoch abend aber auch noch auf einen anderen Umstand hingewiesen. Zwar wurde nach langem Hin und Her das Moabiter Quartier im vergangenen Herbst nun doch als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein ist das allerdings nicht. Statt der geplanten 7.371 Wohnungen wurden nur einige wenige Grundstücke mit insgesamt 1.288 Wohnungen als „Sanierungsgebiet“ festgelegt. Uwe Rada

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